München, Hauptstadt der 'Bewegung' und Hauptstadt des Widerstandes

31. August 2015 in Chronik


Das neue NS-Dokumentationszentrum in München will Entstehungsgeschichte und Wirkungsweise des Nationalsozialismus dokumentieren. Doch zeigt sich dabei eine antikatholische Tendenz. Teil IV (Resümee). Gastbeitrag von Dr. Eduard Werner


München (kath.net/Blog Forum Deutscher Katholiken) Am Ende zeigt sich, dass die wichtigsten Thesen dieser Ausstellung falsch sind.

Die Behauptung, dass „die Münchner“ zwölf Jahre NS-Geschichte nicht aufgearbeitet, sondern in sträflicher Weise verdrängt hätten, hätte der Architekt Nerdinger nicht aufstellen können, wenn er die einschlägige Literatur und Dokumentationen zur Kenntnis genommen hätte. Schon allein die einschlägigen Bücher des ehemaligen KZ-Häftlings Weihbischof Neuhäusler belegen eine intensive Beschäftigung der Kirche mit diesem Thema.

Dass 2756 katholische Priester im doch recht nahen KZ Dachau gefangen waren, hätte in dieser Ausstellung gewürdigt werden müssen. Dass Weihbischof Neuhäusler nach dem Krieg viel Zeit und Geld aufgewendet hat, um auf dem KZ-Gelände Dachau zur bleibenden Erinnerung und zur bleibenden Mahnung ein Sühnekloster zu errichten, wird in der Ausstellung nicht einmal erwähnt. Das verdrängt der Ausstellungsmacher. Der Vorwurf der Verdrängung trifft also umgekehrt zu.

Dr. Nerdinger verdrängt die intensive Beschäftigung der Kirche mit dem NS-Thema, um seinen Vorwurf erheben zu können. Dieses Vorgehen beruht aber nicht auf wissenschaftlichen Kriterien, sondern auf politischer Ideologie. Das ist für das Ansehen der Träger dieser Ausstellung unangemessen.

Dr. Nerdinger will auch den Eindruck erwecken, als seien die Münchner überwiegend Nationalsozialisten gewesen. Dabei musste er übersehen, dass die NSDAP bei den letzten freien Wahlen im November 1932 nur 18,44 % der Stimmen errang. So steht es laut Münchner Stadtarchiv in der Untersuchung von Mathias Rösch „Die Münchner NSDAP 1925 – 1933“ auf Seite 548. Auch dieses Wahlergebnis passt Herrn Dr. Nerdinger nicht in sein Konzept und muss daher unerwähnt bleiben.

Widerständler aus dem linken Lager hebt Dr. Nerdinger über Gebühr hervor. Er erwähnt auch den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Dr. Wilhelm Högner. Er lässt ihn aber leider nicht zu Wort kommen, weil seine Äußerungen auch auf das demokratische München verweisen.
Dass die ersten drei Präsidenten der Nachkriegslandtage Dr. Horlacher, Studiendirektor Stang und Dr. Hundhammer KZ-Gefangene in Dachau waren, erwähnt Nerdinger wohl deshalb nicht, weil sie alle drei der CSU angehörten. Der vierte Landtagspräsident Dr. Hans Ehard war 1923 der Staatsanwalt, der Hitler nach dem Putschversuch anklagte. Auch das ist keiner Erwähnung wert, weil er der „falschen“ Partei angehörte. Der stellvertretende Ministerpräsident Dr. Josef Müller, im Volk Ochsensepp genannt, vermittelte im Auftrag von Wilhelm Canaris den ersten Kontakt der deutschen Militär – Opposition mit der britischen Regierung. Dabei geschah die entscheidende Hilfe durch Papst Pius XII. Das ist ebenfalls keiner Erwähnung wert, weil Dr. Josef Müller ebenfalls der falschen Partei angehörte.

Den Gipfel der Einseitigkeiten erreicht Dr. Nerdinger erst im Ausstellungskatalog. In der Ausstellung selbst ist diese Passage nicht aufgefallen. Im Hauptkatalog lässt er schreiben: „ Die Evangelische Kirche hat mit ihrer Stuttgarter Erklärung 1945 ihr Fehlverhalten in der NS-Zeit eingestanden und sie hat sich dafür entschuldigt. Bei der katholischen Kirche steht dieses Eingeständnis noch aus.“

Die Unverfrorenheit geht also so weit zu fordern, dass sich das Opfer dafür entschuldigen soll, dass europaweit nur viertausend Priester und ungezählte katholische Ordensleute und Laien von den Nazis ihres Widerstands wegen ermordet wurden und nicht alle, dass nur die meisten Klöster aufgehoben wurden und nicht alle und dafür, dass die Kirchenzeitungen 1933 nicht sofort verboten wurden, sondern erst nacheinander. Das Opfer zum Angeklagten zu machen ist bitterer Hohn für das Opfer. Überdies scheint Dr. Nerdinger die Stuttgarter Erklärung vom 19. Oktober 1945 selbst nicht gelesen zu haben. Sonst wäre ihm aufgefallen, dass dort die Shoa, das furchtbarste Verbrechen der Nazis, gar nicht erwähnt wird. Dann hätte ihm auch auffallen müssen, dass die Verfasser damals nicht Vertreter der offiziellen Evangelischen Kirche waren, sondern zumeist Angehörige der Bekennenden Kirche. Die Stuttgarter Erklärung – oder auch Stuttgarter Schuldbekenntnis genannt – wird zwar viel zitiert aber wenig gelesen.

Wenn man diese Ungeheuerlichkeiten sieht, stellt man sich doch folgende Frage: Warum wurde Nerdingers Vorgängerin entlassen und er – ein führendes Mitglied des Aufsichtsgremiums – an ihre Stelle gesetzt? Seine Vorgängerin ist Historikerin, von der man erwarten konnte, dass sie Geschichte sine ira et studio unvoreingenommen darstellt.

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