Im Osten rangiert der Glaube unter ‚ferner liefen‘

30. August 2015 in Deutschland


Soziologin: Die meisten Konfessionslosen sind „voll distanzierte Atheisten“.


Berlin/Hannover (kath.net/ idea)
Das östliche Bundesgebiet gilt als eines der am stärksten verweltlichten Gebiete der Welt. Der Anteil der Konfessionslosen an den rund 14 Millionen Einwohnern nähert sich der 80-Prozent-Marke. Die meisten sind bereits in der zweiten Generation konfessionslos.

Etwa 58 Prozent von ihnen können als „voll distanzierte Atheisten“ gekennzeichnet werden; sie lehnen jegliche Religion als irrational ab. Etwa ein Viertel (23 Prozent) gelten als „normale Konfessionslose“. Ihnen ist jede Form von Religion fremd; sie halten die Beschäftigung mit Glaubensfragen für überflüssig. Das berichtet die Referentin für empirische Kirchen- und Religionssoziologie im Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD, Oberkirchenrätin Petra-Angela Ahrens (Hannover).

Familie und Kinder sind am wichtigsten

Im Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (Berlin) erläutert sie Werthaltungen und Lebensorientierungen der Konfessionslosen anhand von Erhebungen der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) und der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen (KMU) der EKD.

Danach sehen sowohl Konfessionslose wie Evangelische in den neuen Ländern ihre Familie und Kinder als den wichtigsten Lebensbereich an, gefolgt von Beruf und Arbeit sowie Freizeit und Erholung. Politik und öffentliches Leben werden als relativ unbedeutend eingeschätzt. Religion und Kirche sind für Evangelische im Osten wichtiger als für Protestanten im Westen der Bundesrepublik, während sie für Konfessionslose erwartungsgemäß kaum eine Rolle spielen.

Diakonie steht höher im Kurs als die Kirche

Von den Institutionen genießen die Hochschulen in Ost wie West und bei Kirchenmitgliedern wie Konfessionslosen das höchste Vertrauen. Die evangelische Kirche ist bei den Evangelischen im Osten noch höher angesehen als bei den Protestanten im Westen, während sie bei den Konfessionslosen im Westen ein besseres Ansehen genießt als bei jenen im Osten. Bei ostdeutschen Konfessionslosen steht die Diakonie viel höher im Kurs als die evangelische Kirche.

15 Prozent vertrauen der Kirche, aber 36 Prozent der Diakonie. Ihre Einrichtungen finden bei 63 Prozent Zustimmung. Ahrens: „Sie steht für das soziale Engagement der Kirche, das generell eine hohe Wertschätzung genießt.“ Wie Ahrens weiter schreibt, prägen die Konfessionslosen mit ihrer zum größten Teil kritischen oder gleichgültigen Haltung „eine weitgehend religionslose Mehrheitskultur“ in Ostdeutschland. Als Kriterium für die Vertrauenswürdigkeit der Menschen komme die Religionszugehörigkeit kaum in Betracht.


© 2015 www.kath.net