Protestanten mit Juden wegen Reformationsgedenkens im Gespräch

17. Juli 2015 in Chronik


Thies Gundlach/EKD: Martin Luther hat sich «in seiner Spätzeit unhaltbar und zutiefst verletzend über das Judentum geäußert», «diese Verirrungen sind bis heute Anlass zu Bestürzung und Scham.»


Hannover (kath.net/KNA) Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) denkt nach eigenen Angaben über eine Einbindung von Vertretern des Judentums in das Reformationsgedenken 2017 nach. «Über angemessene Formen der Begegnungen sind wir im Gespräch», sagte der Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD, Thies Gundlach, am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Martin Luther habe sich «in seiner Spätzeit unhaltbar und zutiefst verletzend über das Judentum geäußert», betonte Gundlach. «Diese Verirrungen sind bis heute Anlass zu Bestürzung und Scham.»

Mit Blick auf das Reformationsjubiläum habe die EKD klar signalisiert, dass sie sich der «daraus erwachsenden Verantwortung stellen werde», so Gundlach weiter. Dazu gehöre auch die deutliche Distanzierung der Kirchen von den sogenannten «Judenschriften» Luthers.

Der Göttinger Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann hatte im KNA-Interview gefordert, zum Reformationsgedenken auch Juden einzuladen. Dies solle in einer Weise geschehen, «in der man jede Form von religiöser Überrumpelung vermeidet». Eine entsprechende Einladung solle nicht in einem gottesdienstlichen Kontext stehen, sondern in einem Begegnungsrahmen, «der einen gleichsam weltlich-kulturellen Raum öffnet und keine religiösen Zumutungen impliziert», so Kaufmann.

Die evangelischen Christen feiern 2017 den 500. Jahrestag der Reformation, die mit der Veröffentlichung von 95 ablasskritischen Thesen durch Luther (1483-1546) begann. Über eine katholische Beteiligung an den Festlichkeiten stimmten sich jüngst die Spitzen der beiden großen Kirchen in Deutschland ab. Ob auch Repräsentanten des Judentums eingebunden werden, war bisher unklar.

Luther gilt mit seinen scharfen Angriffen gegen Juden als ein Wegbereiter des Rassenantisemitismus, der zum Holocaust führte. Der Zentralrat der Juden in Deutschland sprach zuletzt mit Blick auf das Reformationsgedenken die Hoffnung auf ein «deutliches Zeichen» der evangelischen Kirche zu Luthers Antisemitismus aus.

(C) 2015 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten.


© 2015 www.kath.net