Sterbehilfe: Bischof Oster plädiert für Sensburg/Dörflinger-Entwurf

6. Juli 2015 in Deutschland


Passauer Bischof: Der konkurrierende Brand-Gesetzentwurf scheine zwar „offenbar mehrheitsfähig zu sein“, bleibe „aber dennoch hinter der Forderung nach konsequentem Lebensschutz noch zurück“


Passau (kath.net/pl) „Aktive Mitwirkung an der Selbsttötung eines Menschen ist … ein dramatischer Verstoß gegen die Überzeugung, dass Gott der Herr über Leben und Tod, mithin über Anfang und Ende des Lebens ist.“ Dies schrieb der Passsauer Bischof Stefan Oster (Oster) am Sonntag auf Facebook zur aktuellen Entscheidungsfindung im Deutschen Bundestag über vier Gesetzentwürfe, die zukünftig die aktive Sterbehilfe regeln sollen. „Aus meiner Sicht kommt der von den Bischöfen im erwähnten Flyer dargestellten Position der Gesetzesentwurf von Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger und anderen am nächsten. (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/053/1805376.pdf) Er will nicht nur jede geschäftsmäßige oder organisierte Beihilfe zum Suizid verbieten und unter Strafe stellen, sondern jede Art der Beihilfe - wenngleich in Fällen von extremen Leid auch Straffreiheit gewährt werden kann. Aber der Schutz des Lebens hat hier den unbedingten Vorrang. Nötig ist selbstverständlich zusätzlich die möglichst gute und intensive Begleitung Leidender und Sterbender, der Einsatz aller Möglichkeiten der Palliativmedizin und die Bereitstellung von Hospizplätzen. In diesen letztgenannten Anliegen gibt es übrigens bei allen vier Gesetzesentwürfen insgesamt die größte Übereinstimmung.“ Zwei Tage zuvor hatte bereits der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer begründet, warum er ausschließlich den Sensburg-Dörflinger-Gesetzentwurf unterstützt, der sich unter den vorliegenden Gesetzentwürfen als einziger «eindeutig für das Leben ausspricht», kath.net hat berichtet.

Bischof Oster stellte fest, dass der Gesetzentwurf von Brand u.a., der „offenbar mehrheitsfähig zu sein“ scheine, „aus meiner Sicht aber dennoch hinter der Forderung nach konsequentem Lebensschutz noch zurück“ bleibe. Denn der Brand-Gesetzentwurf komme zwar „auch dem von den Bischöfen vorgestellten Anliegen nahe, will aber letztlich nur die organisierte aktive Sterbehilfe verboten wissen und unter Strafe stellen, aber nicht die Beihilfe zum Suizid im Einzelfall“.

Der Gesetzesentwurf, der u.a. von Peter Hintze, Dr. Carola Reimann und vielen anderen eingebracht worden ist, „soll unter bestimmten Umständen Ärzten ausdrücklich ermöglichen, ‚dem Wunsch des Patienten nach Hilfe bei der selbstvollzogenen Lebensbeendigung entsprechen zu können‘. Dieser Entwurf sowie der in seiner Liberalisierung noch weiter gehende Entwurf von Renate Künast, Kai Gehring u.a. sind aus Sicht des katholischen Glaubens unannehmbar.“ Letzterer Entwurf wolle zwar Kommerzialisierung von Sterbehilfe nicht erlauben, dennoch aber zum Beispiel organisierte Vereine, die Beihilfe zum Suizid leisten, so Oster.

Zum Thema Selbstmord schrieb der Passauer Bischof im Sterbehilfe-Zusammenhang grundsätzlicher: „Neben vielen anderen Argumenten, die für einen konsequenten Lebensschutz bis zum Ende immer wieder eingebracht werden, möchte ich hier erneut eines dazu legen, das ausdrücklich aus einer gläubigen Sicht kommt und daher in der politischen Debatte im Grunde nie genannt wird: Jeder Mensch hat in seinem Leben die Aufgabe, sich mit Gott versöhnen zu lassen. Aus biblischer Sicht ist diese Versöhnung sogar die alles entscheidende Lebensaufgabe (2 Kor 5,20).“ Gelingendes Leben sei aus dieser Perspektive: Mit Gott versöhntes Leben - und zwar letztlich unabhängig davon, ob die äußeren Lebensumstände gerade leicht oder schwer sind. Das Leben selbst schenkt dem Menschen dazu immer neu Gelegenheiten, nicht selten auch gerade durch Phasen des Ringens und Leidens hindurch.“ Christlicher Glaube lasse sich deshalb u.a. auch als ‚Kunst des Sterbens ins Leben hinein‘ deuten (vgl. Röm 6,8: ‚Wir sind (!) mit Christus gestorben, daher glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden‘). Doch „die Verneinung des eigenen Lebens durch Suizid ist damit im Grunde keine mögliche Antwort auf das lebenslang bestehende Angebot der Versöhnung mit Gott, der eben dieses Leben samt seiner ebenfalls von ihm bestimmten Lebenszeit schenkt. Die aktive Verkürzung dieser Lebenszeit ist gerade Verneinung dieses Angebots.“ Ein Mensch, der einem anderen aktiv zum Selbstmord helfe, „trägt das seine dazu bei, dass dem Sterbenden damit auch diese Möglichkeit der Versöhnung genommen wird, die ihm andernfalls buchstäblich bis zum letzten Atemzug geschenkt wäre: Der Schächer am Kreuz hat sich ebendort noch im Angesicht des sterbenden Jesus versöhnen lassen, ehe beide ihr Leben aushauchten! Lk 23,43.“

Foto Bischof Oster (c) Bistum Passau


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