Syrien: Keine Spur von IS-Geisel Pater Jacques Mourad

4. Juli 2015 in Weltkirche


Sorge um die seit 2013 entführten kirchlichen Persönlichkeiten P. Mourad, P. Dall'Oglio, Diakon Dekermenian, Metropolit Youhanna Ibrahim und Metropolit Yazigi


Wien-Damaskus (kath.net/KAP) Das Schicksal des seit Ende Mai in Syrien mutmaßlich von den IS-Jihadisten verschleppten katholischen Priesters und Mar Elian-Klosterpriors Jacques Mourad ist weiter ungewiss. Weder von Mourad noch von dem ebenfalls verschwundenen armenischen Diakon Boutros Hanna Dekermenian gebe es Nachricht, sagte ein Mitbruder Mourads am Mittwoch. Mourad und Hanna waren am 21. Mai von Bewaffneten in Qaryatayn unweit Palmyra entführt worden.

Nach wie vor habe sich niemand zu der Entführung bekannt, hieß es. "Sehr wahrscheinlich" handle es sich aber um die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Gegen die Annahme eines mafiaähnlichen Tathintergrunds spreche, dass keine Lösegeldforderung eingegangen sei. Offenbar gehe es darum, "zivilen Widerstand im Keim zu ersticken". Mourad war in der Vergangenheit an Verhandlungen zwischen Aufständischen und Regierungstruppen in Syrien beteiligt.

Bereits seit zwei Jahren ist der italienische Jesuit Paolo Dall'Oglio verschwunden. Er wurde Ende Juli 2013 im syrischen Raqqa vermutlich ebenfalls durch IS-Mitglieder entführt. Der Jesuit war mit Mourad durch das Klosterprojekt von Mar Moussa (Berg des Mose)/Mar Elian (Berg des Elias) verbunden. Beide setzten sich für den Dialog zwischen Christen und Muslimen ein. Dall'Oglio war von IS-Terroristen der Freiheit beraubt worden, als er über die Freilassung der entführten Bischöfe Gregorios Youhanna Ibrahim und Boulos Yazigi verhandeln wollte.

Die Stiftung "Pro Oriente" zitierte zu der Entführung am Donnerstag eine arabischsprachige kanadische Website, die sich auf Geheimdokumente der "al Nusra"-Front beruft. Dort heiße es, dass Dall'Oglio bald nach seiner Entführung vor zwei Jahren von einem führenden IS-Terroristen in Raqqa erschossen worden sei.

Noch im September des Vorjahrs hatte der syrische Oppositionsaktivist Michel Kilo in einem Interview mit dem "Corriere della Sera" erklärt, Pater Dall'Oglio befinde sich in einem IS-Gefängnis nahe von Raqqa, es gehe im relativ gut. Michel Kilo wies in dem Interview die bereits bald nach der Entführung Dall'Oglios kursierenden Versionen zurück, der Jesuit sei wenige Stunden nach seiner Festnahme ermordet worden.

Pater Dall'Oglio sei von "Ahrar al-Sham"-Milizionären der Freiheit beraubt worden, erklärte Kilo. Diese islamistischen Milizionäre hätten ihren Gefangenen dann an die Bosse der Terror-Miliz IS übergeben, vermutlich für eine "höhere Summe". Zunächst hätten die IS-Leute den Jesuiten in der einstigen Präfektur von Raqqa festgehalten, die ihnen jetzt als Hauptquartier dient. Mit Pater Dall'Oglio seien zahlreiche andere westliche Geiseln dort festgehalten worden, u.a. der amerikanische Journalist James Foley, der von den Islamisten später vor laufender Kamera ermordet wurde.

Paolo Dall'Oglio war in den 1980er-Jahren durch die Revitalisierung des syrischen Klosters Mar Moussa bekannt geworden und hatte sich seither konsequent für einen christlich-islamischen Dialog auf spiritueller Basis eingesetzt. Der 1954 in Rom geborene Paolo Dall'Oglio war 1975 in die Gesellschaft Jesu eingetreten, bevor er seine Studien der Arabistik und der Islamwissenschaft in Beirut und Damaskus begann. 1984 wurde Dall'Oglio nach syrisch-katholischem Ritus zum Priester geweiht. Im selben Jahr erwarb er Studienabschlüsse in Arabistik und Islamwissenschaft an der Universität Neapel wie auch in katholischer Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana. 1989 promovierte er an der Gregoriana. Seine Dissertation schrieb er zum Thema "Die Hoffnung im Islam".

Nach der Revitalisierung des seit dem 17. Jahrhundert verwaisten Klosters Mar Moussa gründete der Jesuit 1992 die ökumenische Gemeinschaft "al-Khalil", die dem islamisch-christlichen Dialog gewidmet ist. Nach dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs trat der Jesuit für eine friedliche Lösung ein, er forderte einen politischen Übergang zu einer demokratischen Struktur im Konsens der verschiedenen Akteure, um die sensible soziale und religiöse Koexistenz in Syrien zu gewährleisten. Es folgte eine scharfe Reaktion des Assad-Regimes, die Aufenthaltserlaubnis Dall'Oglios wurde zeitweise annulliert. Noch kurz vor seiner Entführung veröffentlichte der Jesuit im Juli 2013 aus Anlass des Beginns des islamischen Fastenmonats Ramadan einen bewegenden Friedensaufruf.

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