Papst rügt historische Schuld

22. Juni 2015 in Chronik


Papst kritisierte Tatenlosigkeiten beim Völkermord an den Armeniern, bei der nicht ausgeführten Bombardierung von Gleiswegen zu den Konzentraitionslager und fehlende Kritik an den Verbrechen in Stalins Lagern


Turin (kath.net/KNA) Papst Franziskus hat die Tatenlosigkeit während des Völkermords an den Armeniern kritisiert. Obwohl im Ersten Weltkrieg mehr als eine Million Armenier ermordet worden seien, hätten kriegführende Mächte aus militärischen Gründen nichts dagegen unternommen, sagte er am Sonntagabend bei einem Treffen mit Zehntausenden Jugendlichen in Turin. Zuvor war er auf die «Scheinheiligkeit» von Staaten eingegangen, wenn es um Waffenhandel und militärischen Nutzen gehe.

In seiner frei vorgetragenen Rede äußerte Franziskus aber auch unmissverständliche Kritik am Verhalten der Alliierten während des Holocausts. Wiederum sprach er dabei kein Land direkt an. Trotz Luftaufnahmen der Vernichtungslager seien die Gleise, auf denen die Todeszüge fuhren, nicht unterbrochen worden, so Franziskus. Ebenso habe sich niemand an den Verbrechen in Stalins Lagern gestört, wo sehr viele Christen getötet worden seien.

Im Ersten Weltkrieg hatten das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn offiziell zu den 1915 in der verbündeten Türkei beginnenden Armeniermorden geschwiegen, obwohl die Verbrechen offensichtlich waren und laufend nach Berlin gemeldet wurden. Reichskanzler Theobald von Bethmann-Hollweg lehnte ein Einschreiten gegen das türkische Morden mit der Begründung ab, dies könne den wichtigen Bündnispartner verärgern.

Die Alliierten erhielten über Spione und jüdische Informanten früh Hinweise über den anlaufenden Holocaust. 1944 entstanden Luftaufnahmen vom Vernichtungslager Auschwitz. Seit langem gibt es eine Diskussion darüber, warum Briten und Amerikaner die Bahnlinien in die Lager nicht bombardierten. Kritiker sind der Meinung, dies hätte womöglich Hunderttausenden das Leben gerettet.

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