Neuer Gesetzentwurf zur Sterbehilfe ist 'Brand-gefährlich'

15. Juni 2015 in Deutschland


„Christdemokraten für das Leben“: Eine „groteske Fehlleistung“ - „Gerade bei Angehörigen, die unterhaltspflichtig oder mögliche Erben sind, ist leicht eine eigene Interessenlage denkbar.“


Nordwalde (kath.net/idea) Als „Brand-gefährlich“ bewerten die „Christdemokraten für das Leben“ (CDL/Nordwalde bei Münster) einen neuen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe. Die Bundestagsabgeordneten Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD) wollen die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ unter Strafe stellen. Angehörige und Ärzte, die todkranken Menschen hohe Dosen an lebensverkürzenden Schmerzmedikamenten verabreichen, sollen hingegen straffrei bleiben. Der Vorschlag wird von Parlamentariern aller im Bundestag vertretenen Parteien unterstützt.

Die „Christdemokraten für das Leben“ vermissen hingegen eine Begründung, warum nur Sterbehilfevereine – etwa „Dignitas Deutschland“ (Hannover) und „Sterbehilfe Deutschland“ (Hamburg) – das Leben Sterbender gefährden würden, nicht aber „geschäftsmäßig auftretende Gehilfen, etwa Angehörige oder Ärzte“.

Die Gefahr, dass nahe Verwandte den Todkranken beeinflussten, sei mindestens ebenso groß: „Gerade bei Angehörigen, die unterhaltspflichtig oder mögliche Erben sind, ist leicht eine eigene Interessenlage denkbar. Der Tod des aufwändig zu pflegenden, zuweilen auch lebensunlustigen Verwandten kann bewusst oder unbewusst auch aus eigenen Interessen angestrebt werden.“ Der Staat müsse verhindern, dass auf schwache und entschlussschwache Mitbürger ein sozialer Sterbedruck ausgeübt wird.

Der Entwurf von Brand und Griese gebe jedoch jedem Sohn die Erlaubnis, „dem alten Vater zu sagen: ‚Ich kann Dir gerne ein Glas hinstellen, dann bist du schnell erlöst.‘“ Alte Menschen wollten häufig niemandem zur Last fallen. Dass aber gerade diejenigen Personen, denen sie zur Last fallen könnten, Einfluss und Beihilfe zum Sterben bekommen sollen, sei eine „groteske Fehlleistung“.

Außerdem gebe der Entwurf von Brand und Griese keinen Hinweis, wie die assistierte Selbsttötung geschehen könne. In Deutschland sei das in der Schweiz bevorzugte Präparat zum Einschläfern und Töten, Pentobarbital, bisher nur für Tiere zugelassen. Brand und Griese müssten demnach auch eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes anstreben.

Für Solidarität und Rechtssicherheit

Nach Ansicht der „Christdemokraten für das Leben“ sollten die Parlamentarier ein Zeichen der Solidarität und Rechtssicherheit setzen. Dafür eigene sich der Gesetzentwurf des CDU-Bundestagsabgeordneten Patrick Sensburg (Brilon/Hochsauerlandkreis), der ein vollständiges Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung vorsieht: „Bei Fragen des Schutzes von alten, kranken und lebensmüden Menschen braucht es den besten Schutz und keine Kompromisse.“ In Deutschland werden jährlich etwa 100.000 Selbstmordversuche unternommen, bei denen etwa 10.000 Menschen sterben. Mit Hilfe von „Dignitas“ beenden jährlich etwa 70 Deutsche ihr Leben, mit „Sterbehilfe Deutschland“ rund 40. Es ist vorgesehen, dass der Deutsche Bundestag am 6. November über die Neuregelung der Suizidbeihilfe abstimmen wird.

Ärzte wollen keine Beihilfe zur Selbsttötung leisten

Gegen ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung hat sich auch der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery (Hamburg), gewandt. Es gehört nicht zu den ärztlichen Aufgaben, Sterbehilfe zu leisten, sagte er am 10. Juni bei einer Veranstaltung der Caritas-Akademie in Köln. In Umfragen hätten sich zwar 70 Prozent der Bevölkerung für aktive Sterbehilfe ausgesprochen, aber weniger als zehn Prozent würden sie für sich selbst in Anspruch nehmen. „Sie wollen sicher nicht, dass ihnen ihr Hausarzt ein Rezept oder einen Becher mit Pillen in die Hand drückt“, so Montgomery.


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