Polizeischutz für Lebensschutzdiskussion im 'Kölner Domforum'

5. Juni 2015 in Deutschland


CDU-Politiker Bosbach und der emeritierte Kardinal Meisner bei Podiumsdiskussion – Bosbach wundert sich, dass die hohen Abtreibungszahlen „nicht zu lebhaften politischen Debatten“ führten - Meisner für Teilnahme von Bischöfen am Marsch für das Leben


Köln (kath.net/pl) Nur etwa ein Dutzend Demonstranten hatten sich gegen die hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion im „Kölner Domforum“ versammelt. Doch wegen dieser Demonstranten war Polizeischutz nötig, wie das „Domradio“ in einem Hinweis der Redaktion feststellte. Die Diskussion wurde vom Katholischen Bildungswerk Köln, den Christdemokraten für das Leben (CDL) Köln und der ALfA Köln veranstaltet. Die Diskussion wurde vom „Domradio“ übertragen.

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, erläuterte in seinem Eingangsstatement: „Wir erleben es in diesen Tagen wieder, dass wir zum Thema Lebensschutz leidenschaftliche Debatten im Deutschen Bundestag führen. In den nächsten Wochen allerdings nicht im Hinblick auf das nicht oder noch nicht geborene Leben, sondern im Hinblick auf das Lebensende. Ob eine Gesellschaft, die sich gerne ‚human‘ nennt, tatsächlich eine humane Gesellschaft ist, entscheidet sich in erster Linie daran, wie wir mit denen umgehen, die in besonderer Weise des Schutzes bedürfen. Das ungeborene Leben kann sich nicht als Lobbyverband organisieren und die eigenen Interessen gegenüber der Politik vertreten. Die Menschen, die auf Palliativmedizin angewiesen sind oder auf die Betreuung ambulanter oder stationärer Hospizarbeit, die können nicht ihre Interessen so mächtig bündeln wie der Gewerkschaftsbund, wie der Sport, wie die Industrie und andere Interessensverbände und deshalb muss sich die Politik in besonderer Weise ihnen verpflichtet fühlen.“ In der Abtreibungsfrage, so erläuterte Bosbach, seien seiner Einschätzung nach derzeit keine neuen Initiativen zu erwarten. Man sollte aber durchaus den Gedanken mit nach Berlin nehmen, diesen Gedanken einen höheren Stellenwert einzuräumen.

„Ich wundere mich Jahr für Jahr“, dass die Zahlen von etwa „100.000 registrierten Abtreibungen pro Jahr plus doch einem vermutlich relativ hohem Dunkelfeld“ „nicht zu lebhaften politischen Debatten zur Beantwortung der Frage: ‚Was können wir in Staat und Gesellschaft leisten, um das Ja zum noch nicht geborenen Leben zu erleichtern. Ich bedauere es sehr, dass dieses Thema – ganz anders als vor 40 Jahren – aus dem Mittelpunkt des Interesses verschwunden ist.“

Bosbach wies ausdrücklich darauf hin, dass „die erste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes die Fristenregelung aufgehoben“ hatte, in der zweiten Entscheidung sei es dann aber zur aktuellen „Fristenregelung mit Beratungszwang“ gekommen. Das Bundesverfassungsgericht habe dabei „dem Gesetzgeber in dieser Entscheidung eine Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht auferlegt für den Fall, dass sich die Erwartungen des Gesetzgebers an die Neuregelung nicht erfüllen“. Diese Erwartung „war, dass sich durch die Beratung zum Leben die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche deutlich zurückgeht.“ Es sei zwar richtig, „dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche zurückgegangen ist, aber im gleichen Umfang wie auch die Geburten“, so dass sich seit dieser Entscheidung Mitte der 90er Jahre „nicht viel geändert“ habe. Trotzdem „gibt es einen breiten gesellschaftlichen Konsenz über Parteien und Fraktionen hinweg, dieses Thema nicht mehr anzufassen.“

Auf die Frage von Kardinal Meisner, was Bosbach von der Diskussion um ein sogenanntes „Menschenrecht“ auf Abtreibung halte, wies Bosbach darauf hin, dass „unsere Verfassung nicht danach, ob das Leben schon geboren ist oder nicht“, es gebe nur den abgestuften strafrechtlichen Schutz. „Dass die Würde des Lebens mit der Geburt, ist in unserer Verfassung nicht niedergeschrieben.“

Der emeritierte Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, der täglich zur eucharistischen Anbetung im Maternushaus geht, sagte, dass er dabei immer auch für das ungeborene Leben bete. Meisner, der ja in seiner gesamten Amtszeit deutlich Position gegen die Abtreibung bezogen hatte, sagte: „Ich habe nie darunter gelitten, wenn ich für die Wahrheit Schläge bekommen habe.“ Dass „der Widerspruch und die Anfeindung“ nicht immer „sehr amüsant“ seien, gebe er zu, „aber das habe ich hingenommen, das hat mich auch nicht am Einsatz für das Leben gehindert“. Meisner erläuterte: „Mir war immer klar und ich habe das oft genug gesagt: Die ganze Abtreibungspraxis ist wie eine Wanderdüne und endet mal in dem Problem der Euthanasie. Und es ist tatsächlich so eingetroffen.“ Meisner sprach sich für die Erweiterung der Palliativ- und Hospizmöglichkeiten aus.

Kardinal Meisner kündigte an, er werde sich für die Teilnahme von deutschen Bischöfen am „Marsch für das Leben“ einsetzen. „Der deutsche Episkopat müsste wirklich mitvertreten sein bei dieser wichtigen Aktion in der Hauptstadt unseres Landes, wo es um das Leben unserer ungeborenen Kinder geht“, so Meisner wörtlich, „ich sage das weiter!“. Ein Fragesteller hatte zuvor darauf hingewiesen, dass etwa in Frankreich Bischöfe durch ihre Teilnahme den französischen Marsch für das Leben direkt unterstützten.

Elke Mannel, Sonderpädagogin und langjährige ehrenamtliche Beraterin bei ALfA, Köln, äußerte: „Dass man bis zum neunten Monat ein Kind mit Behinderung abtreiben darf, empfinde ich als Katastrophe!“

Das Domforum ist Begegnungs- und Veranstaltungszentrum der Katholischen Kirche Köln.

Über diese Veranstaltung wurde von den Medien nur vereinzelt berichtet.

Die hörenswerte Diskussion in voller Länge als Podcast des „Domradios“.



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