Wenn im Fernsehgottesdienst das 'Vaterunser' verändert wird

11. Mai 2015 in Chronik


In evangelischem Fernsehgottesdienst wurde gebetet: „Und führe uns in der Versuchung“ – Sowohl die ursprüngliche wie auch die veränderte Form des Vaterunsers führte zu Zuhörerprotesten


Wilhelmsdorf (kath.net/idea) Eine ungewöhnliche Formulierung im „Vaterunser“ hat die Zuschauer eines Fernsehgottesdienstes irritiert. Ende April wurde in der Sendung „Stunde des Höchsten“ statt der üblichen Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“ so gebetet: „Und führe uns in der Versuchung“. Der einstündige Gottesdienst wird von der evangelischen Diakonie-Einrichtung „Zieglersche“ (Wilhelmsdorf bei Ravensburg) produziert und über den christlichen Fernsehsender BibelTV ausgestrahlt.

Gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea begründete Fernsehpfarrer Heiko Bräuning die Veränderung damit, dass er immer wieder kritische Anfragen zu dem gewohnten Wortlaut erhalte. Viele Zuschauer könnten nicht verstehen, dass Gott Menschen „in Versuchung“ führe. Sie hofften vielmehr auf Bewahrung, wenn sie in Gefahr gerieten, gegen Gottes Gebote zu verstoßen.

Man habe daher, so Bräuning, entschieden, sich an dem aramäischen Text, den Jesus gesprochen habe, zu orientieren. Allerdings sei dadurch eine neue Protestflut ausgelöst worden. Wissenschaftler hätten zudem darauf hingewiesen, dass der angebliche aramäische Urtext eine Rückübersetzung aus dem Griechischen sei und deshalb nicht wahrscheinlicher sei als die bekannte Formulierung im Matthäus-Evangelium. Deshalb werde seit Anfang Mai wieder der gebräuchliche Wortlaut verwendet. Jede Folge der „Stunde des Höchsten“ wird wöchentlich fünfmal gesendet und hat in Deutschland rund 300.000 Zuschauer. Die „Zieglersche“ ist eine der großen evangelischen diakonischen Einrichtungen in Württemberg.


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