Große polnische Priesterwallfahrt zur KZ-Gedenkstätte Dachau

30. April 2015 in Chronik


Kardinal Marx: Hier seien so viele Priester umgebracht worden wie sonst wahrscheinlich an keinem anderen Ort der Welt, darunter allein mindestens 868 polnische Geistliche.


Dachau (kath.net/KNA) Zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau hat die katholische Kirche Polens eine große Wallfahrt in die Gedenkstätte ausgerichtet. Mehr als 700 Geistliche, darunter 40 Bischöfe, gedachten am Mittwoch ihrer dort ermordeten Landsleute.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, feierte mit den Pilgern eine Messe in der Todesangst-Christi-Kapelle auf dem ehemaligen Lagergelände. Am Nachmittag wurde am Eingangstor eine Nachbildung der Anfang November von Unbekannten gestohlenen schmiedeeisernen Tür mit dem zynischen NS-Schriftzug «Arbeit macht frei» angebracht.

Dachau sei für Deutsche und Polen ein «Ort der beunruhigenden Erinnerung und Vergebung», so der Kardinal. Hier seien so viele Priester umgebracht worden wie sonst wahrscheinlich an keinem anderen Ort der Welt. Allein mindestens 868 polnische Geistliche seien in dem Konzentrationslager getötet worden. Dachau bezeichnete er als «das Konzentrat eines Menschen verachtenden, Menschen quälenden und Menschen ermordenden Regimes». Dennoch habe der Glaube auch an diesem «Ort des Schreckens und der Niedertracht» nicht ausgelöscht werden können.

Marx erinnerte in diesem Zusammenhang an die vielen Christen, die im KZ Dachau zu Märtyrern geworden seien. Nach der Messe wurden die Namen der mehr als 50 von der katholischen Kirche seliggesprochenen Häftlinge verlesen, darunter 46 polnische Priester. Marx und der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, der Posener Erzbischof Stanislaw Gadecki, legten Kränze an einer Bronzetafel nieder, die an der Außenwand der katholischen Todesangst-Christi-Kapelle an die polnischen Opfer erinnert.

Das KZ Dachau hat für Polen eine besonders schlimme Bedeutung, vor allem für die katholische Kirche. Mit mehr als 40.000 Inhaftierten waren die Polen die größte Gruppe von Gefangenen in Dachau. 8.332 von ihnen wurden getötet. Als die SS ab Ende 1940 Dachau zum Hauptlager für katholische, evangelische und orthodoxe Pfarrer aus ganz Europa machte, verschleppte sie 1.780 polnische Geistliche hierhin. Knapp die Hälfte von ihnen kamen durch pseudomedizinische Versuche, Hunger, Krankheiten oder auf andere grausame Weise ums Leben.

An der Wallfahrt nahmen auch polnische Überlebende verschiedener Konzentrationslager teil, für die das Maximilian-Kolbe-Werk derzeit einen Erholungs- und Begegnungsaufenthalt in Deutschland organisiert. Marx sagte, die polnischen und deutschen Katholiken hätten eine besondere Berufung, diese Erfahrung des Leidens, des Schreckens und der Versöhnung in die gegenwärtige Geschichte Europas einzutragen. Deutsche und Polen seien sich in ihrer gemeinsamen Geschichte heute näher als je zuvor. Dies gebe Anlass zur Hoffnung, «dass Hass, Gewalt und Unterdrückung nicht die ewigen Begleiter der Menschen bleiben müssen».

Mit einem Friedensgebet im Freisinger Dom wurde die Wallfahrt am späten Nachmittag beschlossen. Am 22. November werden die deutschen und polnischen Bischöfe in Tschenstochau an ihren historischen Briefwechsel vor 50 Jahren erinnern, der einen wesentlichen Anstoß für die Versöhnung beider Völker gab.

Die Hauptgedenkfeier zur Befreiung des KZ Dachau vor 70 Jahren findet erst am Sonntag statt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird in diesem Rahmen an der Gedenkfeier der Israelitischen Kultusgemeinden Bayerns teilnehmen, die nahezu zeitgleich mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Gedenkstätte stattfindet.

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