SILENTIUM - Ein Einblick in eine fremde Welt

29. April 2015 in Interview


Am 14. Mai startet in den Kinos der Film SILENTIUM, ein Dokumentarfilm über ein Benediktinerinnenkloster. kath.net sprach dazu mit dem Filmemacher Sobo Swobodnik - Von Verena Buchhas


Linz (kath.net)
Am 14. Mai 2015 startet in den Kinos der Film SILENTIUM, ein Dokumentarfilm über das Leben im Benediktinerinnen Kloster in Habsthal. Der Film erzählt vom Leben im Kloster Habsthal am Rande der Schwäbischen Alb. Die vier Ordensschwestern und ihr Pater leben fern ab der hektischen Welt, seit mehreren Jahrzehnten streng nach den Regeln des heiligen Benedikt und der Jahrhunderte alten Tradition. Ora et labora heißt die alles bestimmende Maxime und die sich daran anschließende Frage: wie können der gottesfürchtige Glaube und das weltoffene Klosterleben eine Symbiose eingehen? Der Film portraitiert ein Leben zwischen Stille und Geschäftigkeit, zwischen Einkehr und Weltoffenheit. Doch die Zukunft des Klosters ist ungewiss, denn es fehlt an Nachwuchs.

kath.net hat dazu ein Interview mit Sobo Swobodnik, dem Regisseur des Filmes gemacht


kath.net: Wie kamen Sie auf die Idee zum Film und warum gerade dieses Kloster?

Sobo Swobodnik: Inmitten der Nullerjahre war ich für sechs Wochen Albschreiber, Botschafter der Baden- Württembergischen Literaturtage, in Albstadt und in diesem Zuge mit einem Wohnmobil auf der Zollernalb und in Oberschwaben unterwegs, um erzählenswerte Geschichten aufzuspüren und diese niederzuschreiben. So gelangte ich auch durch Zufall in das Kloster Habsthal und habe über dieses Kloster und die Priorin Sr. Kornelia eine Reportage geschrieben, die dann auch in meinem Buch „Dem Himmel ganz nah“ veröffentlicht wurde.

Seit dieser Zeit habe ich über die Jahre hinweg, mittlerweile sind es fast zehn, den Kontakt zu den Schwestern, vor allem zur Priorin aufrecht erhalten. Im Sommer 2012 war es dann soweit. Ich hatte das Gefühl, ich muss der von diesem Kloster und dem dortigen Leben ausgehenden und über die Jahre hinweg anhaltenden Faszination auf mich in irgendeiner Weise entsprechen.

Ich habe Sr. Kornelia gefragt ob sie sich vorstellen könne, dass ich für mehrere Wochen mit meiner Kamera das Kloster besuche und mit den Schwestern und dem Pater zusammenlebe und dies in einem Film festhalte. Sie sagte sofort, und das habe ich nicht erwartet: Ja.

kath.net: Was glauben Sie durch den Film zu erreichen, was ist Ihr Ziel?

Sobo Swobodnik: Der Film ist ein rein beobachtendes Porträt dieses einen Klosters in Habsthal. Es zeigt meine ja ganz subjektive Sicht auf dieses Kloster und das dortige Leben wie es mir über den Zeitraum von knapp vier Wochen hinweg erschien. Der Film versucht einen Einblick in eine Welt, in ein Leben zu vermitteln, das in der Regel für die säkulare Welt zunächst einmal fremd anmutet. Dabei versucht der Film auch ein stückweit die Klischees und oberflächlichen Vorstellungen Außenstehender zu korrigieren, in dem er neben der Spiritualität, dem Gebet (die für die meisten sicher die Vorstellungen des Klosterlebens beinhalten) auch das „ganz normale Leben“ in diesem Kloster zeigt, das mitunter auch von sehr weltlichen Begebenheiten wie dem Brettspiel „Die verrückte Pyramide“ geprägt ist.

Ich versuche in dem Film nicht nur den Glauben der im Kloster lebenden Menschen greifbar zu machen, sondern auch und vor allem die Menschen hinter dem Glauben zu zeigen, als Menschen (und so kam es mir vor), die sich letztendlich gar nicht so sehr von denen außerhalb des Klosters unterscheiden.

Der Film stellt den Umgang mit Glauben, Religion, Spiritualität, Kontemplation in dieser Lebensform zu Disposition und versucht in erster Linie keine Antworten zu liefern, sondern und das finde ich viel spannender, Fragen aufzuwerfen, die nach Möglichkeit die Zuschauer zu einem Diskurs über das große Thema: „Wie wollen wir leben?“ anhand eines Klosters verleiten.

kath.net: Wo gab es Schwierigkeiten beim Dreh?

Sobo Swobodnik: Schwierigkeiten wäre vielleicht zu viel gesagt. Aber es war natürlich nicht ganz einfach, vor allen bei den älteren Nonnen die Skepsis und die Ressentiments zu zerstreuen. Denn aus deren Sicht mag es anfänglich so ausgesehen haben: da dringt ein Typ, den sie kaum kennen, in die klösterliche Stille und ihr Leben ein und will nach Möglichkeit auch noch unter ihren Habit gucken.

Anfänglich sind mir die älteren Nonnen auch aus dem Weg gegangen, ich hatte sogar das Gefühl, sie liefen vor mir und meiner Kamera davon. Sodass ich die ersten Tage im Kloster überhaupt nicht gedreht habe. Bei meiner Art Filme zu machen geht es nicht nur darum am Ende ein Produkt, also einen nach Möglichkeit guten Film zu haben. Der Weg zu diesem Endresultat ist ebenso wichtig und erlaubt es mir, über meine Protagonisten, deren Welt und mich selbst einiges zu erfahren.

Deswegen habe ich ja auch im Kloster genau denselben Tagesablauf der Nonnen und des Paters mitgelebt. D.H. auch ich bin in aller Herrgottsfrüh aufgestanden, habe fünfeinhalb Stunden am Tag mit den Nonnen zusammen gebetet, gesungen, Stille Zeit eingehalten, die Messe gefeiert etc. Das wiederum hat dann irgendwann die älteren Nonnen anscheinend beeindruckt. Sie haben gemerkt, da setzt sich einer tatsächlich ihrem Leben aus und versucht nicht zu schummeln. Er schläft nicht genüsslich aus, wenn sie bereits in der Klausur beten. Nach ein paar Tagen kam dann Sr. Lidwina, die vorher die Flucht vor mir ergriffen hat, auf mich zu und sagte: Ich gehe jetzt mangeln, wollen Sie nicht mitgehen? Von dem Zeitpunkt an wusste ich, die Skepsis ist verflogen.

kath.net: Glauben Sie, ein authentisches Bild vom Klosterleben vermittelt zu haben?

Sobo Swobodnik: Wenn ich ehrlich bin habe ich große Probleme mit dem gerne und oft, auch inflationär verwendeten Begriff der Authentizität im Dokumentarfilm. Jeder, der Dokumentarfilme macht, weiß, dass wenn die Kamera angeht sich die Wirklichkeit vor der Kamera verändert. Ich wage die These, dass es etymologisch betrachtet gar keine Authentizität im Dokumentarfilm gibt, oder nur eine sehr, sehr beschränkte.

Im Dokumentarfilm geht es nicht darum, die Wirklichkeit abzubilden (was meines Erachtens gar nicht geht), sondern darum, einen Einblick in einen Ausschnitt von Wirklichkeit zu gewährleisten, also eine verdichtete, komprimierte Realität als Wirklichkeitskonzentrat. Und in dieser Hinsicht kommt mein Film, wie ich finde, dem Leben im Kloster Habsthal sehr nahe.

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es in anderen Klöstern ähnlich zu geht und die Fragestellungen durchaus identisch sind: nämlich die zentrale Frage: Wie geht es weiter mit diesem Kloster, mit dem Klosterleben generell und hat es in unserer Zeit überhaupt noch eine Zukunft?

kath.net: Können Sie sich selbst ein Leben im Kloster vorstellen? Haben Sie je darüber nachgedacht?

Sobo Swobodnik: Das Faszinierende für mich am Kloster und dem dortigen Leben ist die, nun ja, ich möchte sagen Radikalität dieses Lebensentwurfs, die Entschlossenheit einer Idee, einer Vision - in diesem Fall ist es der Glaube an Gott - das eigene Leben zu verschreiben, alles andere diesem Leben unterzuordnen.

Ich bin zwar katholisch sozialisiert (war als Kind selbst Ministrant) und gestehe, ich glaube an vieles, aber nicht an ein Leben nach dem Tod und folglich auch nicht an einen Allmächtigen. Da das die notwendige Grundlage für ein christliches Kloster ist, kann ich mir nicht vorstellen einem solchen beizutreten.

kath.net: Danke für das Interview.

Der Film-Trailer auf kath.net:


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