Sexualerziehung: Heftige Kirchenkritik für Ministervorschlag

18. April 2015 in Österreich


Bischofskonferenz-Experte für Ehe und Familie, Reinprecht: Breite Debatte über Grundsatzerlass nötig - Vorschlag für "zeitgemäße Sexualerziehung" Paradigmenwechsel und Umgehung der Eltern.


Wien (kath.net/ KAP)
Scharfe Kritik an den Vorhaben des Bildungsministeriums für die schulische Sexualerziehung hat das Institut für Ehe und Familie geäußert: Der vorgelegte Entwurf eines Grunderlasses weise zahlreiche Schwächen auf und sei "wertlose" Sexualpädagogik, die Kinder auf nicht altersgemäße Weise mit Pornografie konfrontiere und "auf leisen Sohlen vorbei an den Eltern" gehe, erklärte der Direktor der Einrichtung der Bischofskonferenz, Johannes Reinprecht, am Freitag gegenüber "Kathpress". Der Familienexperte forderte eine grundlegende Überarbeitung des Erlasses sowie eine vorhergehende "breite und offene Debatte" über dessen Inhalte und Hintergründe.

Ende März hatte Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek den Entwurf eines neuen Grundsatzerlasses für Sexualerziehung in Österreich kommuniziert. Der von einem Expertenbeirat erstellte Vorschlag, der den derzeit gültigen Erlass von 1990 bzw. 1994 ersetzen soll, sieht u.a. Sexualerziehung als Bestandteil aller Unterrichtsfächer und schon ab dem Kindergarten vor. Rückmeldungen dazu konnten beim Ministerium bis 10. April eingebracht werden, wobei sich das IEF in seiner offiziellen Reaktion der auf der Homepage www.sexualerziehung.at veröffentlichten Stellungnahme der Privatinitiative "Familienallianz" angeschlossen hatte.

Dass Sexualerziehung im neuen Entwurf nur noch als "Form der schulischen Bildung" definiert wird, ist einer der Hauptkritikpunkte für Reinprecht. "Eltern werden somit von Hauptverantwortungsträgern zu bloßen Einflussfaktoren wie die Mitschüler oder andere Peers. Besonders im Bereich der Sexualpädagogik sollte es jedoch Aufgabe der Bildungspolitik sein, die Eltern zu stärken und nicht zu hintergehen", betonte der IEF-Direktor. Das Ministerium plane einen Paradigmenwechsel, achte doch der derzeit noch gültige Erlass ausdrücklich auf Kontexte wie sittliche Normen, das "Sorgetragen für den Nächsten" sowie die Familie.

Der Institutsleiter warf dem Ministerium "Etikettenschwindel" vor: Heimlich wolle man eine "ideologische Basis für die Umsetzung sexualpädagogischer Programme an Schulen schaffen, die das Gegenteil von dem sind, was sie zu sein vorgeben". Wohlklingende Behauptungen etwa wie Sorge um Respekt vor jedem Menschen, Streben nach Gleichberechtigung aller und Schutz vor Missbrauch würden nicht eingelöst, vielmehr wolle man unhinterfragt und "wohlklingend verpackt" die Gendertheorie als "fächerübergreifendes Kompetenzthema" einführen.

Unter Vorgabe des Missbrauchsschutzes wolle der Erlassentwurf laut Reinprecht die Kinder "eindeutig pornographischen Inhalten, die nichts mit einfühlsamer Sexualpädagogik zu tun haben und schon gar nicht altersgerecht sein können" aussetzen. Der Text fordere zudem über die kognitive Vermittlung biologischen Basiswissens hinaus den Einsatz von Theaterpädagogik und Gruppendynamik, was unnötig sei: Eltern würden diese Aufgabe bisher auch bloß durch einfühlsames, altersgerechtes Reden über Sexualität meistern. Reinprecht warnte vor einer Entwicklung wie etwa in Baden-Württemberg, wo der Bildungsplan Kinder dazu animiert, Lieblingsstellungen vorzeigen oder gruppendynamisch "Gänsehaut erzeugende" Massagen zu üben.

Um "Werte" sei der Ministerientext zwar "sporadisch bemüht", führe diese aber nicht näher aus, so der Familienexperte weiter. Stattdessen werde als Richtschnur auf die WHO und die deutsche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verwiesen, "deren Standards allerdings für Österreich nicht rechtsverbindlich sind und auch von ihren Grundprinzpien her massiv zu hinterfragen sind". Stark hinterfragte er die Feststellung des Ministeriums, es sei "nicht Aufgabe der Schule, bestimmte Werte vorzugeben": Durchaus habe der Unterricht die Aufgabe, an der Entwicklung der Anlagen der Jugend nach sittlichen, religiösen und sozialen Werten mitzuwirken, zitierte Reinprecht das aktuelle Schulorganisationsgesetz.

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