Hinaus ins hohe Meer der Geschichte...

10. April 2015 in Aktuelles


Freitag in der Osteroktav mit Benedikt XVI.: Erst wo Gott gesehen wird, beginnt das Leben richtig. Erst wo wir dem lebendigen Gott in Christus begegnen, lernen wir, was Leben ist. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „In jener Zeit offenbarte Jesus sich den Jüngern noch einmal. Es war am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise.

Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus - Zwilling -, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.

Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.

Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot - sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen - und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot.
Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt.

Da ging Simon Petrus und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht. Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch. Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war“ (Joh 21,1-14, Evangelium vom Freitag der Osteroktav, Lesejahr B).


Aus der Predigt von Papst Benedikt XVI. zur Amtseinführung am 24. April 2005:

Nach einer Nacht, in der die Jünger erfolglos die Netze ausgeworfen hatten, sahen sie den auferstanden Herrn am Ufer. Er befiehlt ihnen, noch einmal auf Fang zu gehen, und nun wird das Netz so voll, dass sie es nicht wieder einholen können: 153 große Fische. „Und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht“ (Joh 21, 11).

Diese Geschichte am Ende der Wege Jesu mit seinen Jüngern antwortet auf eine Geschichte am Anfang: Auch da hatten die Jünger die ganze Nacht nichts gefischt; auch da fordert Jesus den Simon auf, noch einmal auf den See hinauszufahren. Und Simon, der noch nicht Petrus heißt, gibt die wunderbare Antwort: Meister, auf dein Wort hin werfe ich die Netze aus. Und nun folgt der Auftrag: „Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fischen“ (Lk 5, 1 – 11). Auch heute ist es der Kirche und den Nachfolgern der Apostel aufgetragen, ins hohe Meer der Geschichte hinauszufahren und die Netze auszuwerfen, um Menschen für das Evangelium – für Gott, für Christus, für das wahre Leben – zu gewinnen. Die Väter haben auch diesem Vorgang eine ganz eigene Auslegung geschenkt. Sie sagen: Für den Fisch, der für das Wasser geschaffen ist, ist es tödlich, aus dem Meer geholt zu werden. Er wird seinem Lebenselement entrissen, um dem Menschen zur Nahrung zu dienen.

Aber beim Auftrag der Menschenfischer ist es umgekehrt. Wir Menschen leben entfremdet, in den salzigen Wassern des Leidens und des Todes; in einem Meer des Dunkels ohne Licht. Das Netz des Evangeliums zieht uns aus den Wassern des Todes heraus und bringt uns ans helle Licht Gottes, zum wirklichen Leben. In der Tat – darum geht es beim Auftrag des Menschenfischers in der Nachfolge Christi, die Menschen aus dem Salzmeer all unserer Entfremdungen ans Land des Lebens, zum Licht Gottes zu bringen. In der Tat: Dazu sind wir da, den Menschen Gott zu zeigen. Und erst wo Gott gesehen wird, beginnt das Leben richtig. Erst wo wir dem lebendigen Gott in Christus begegnen, lernen wir, was Leben ist.

Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist Frucht eines Gedankens Gottes. Jeder ist gewollt, jeder ist geliebt, jeder ist gebraucht. Es gibt nichts Schöneres, als vom Evangelium, von Christus gefunden zu werden. Es gibt nichts Schöneres, als ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken. Die Arbeit des Hirten, des Menschenfischers mag oft mühsam erscheinen. Aber sie ist schön und groß, weil sie letzten Endes Dienst an der Freude Gottes ist, die in der Welt Einzug halten möchte.


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