Haben Christen außer Bestürzung nicht mehr zu sagen?

30. März 2015 in Kommentar


Innerevangelische Kritik: Zur Reaktion mancher Kirchenvertreter auf die Flugzeugkatastrophe. Von idea-Redakteur Klaus Rösler


Wetzlar (kath.net/idea) Mit Trauer und Bestürzung reagiert die Öffentlichkeit auf das Unfassbare – den Flugzeugabsturz in Frankreich. Die kirchliche Prominenz bildet da keine Ausnahme. „Die Nachricht von dem Unglück und der Tod von so vielen Menschen machen uns fassungslos. In Gebeten und Gedanken sind wir bei den Opfern und ihren Angehörigen“, teilt etwa der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm mit. Und sein Amtsvorgänger, Nikolaus Schneider, unterstreicht als Teilnehmer der Fernsehdiskussionsrunde „Anne Will“ „das kollektive Innehalten“: „Wir machen die Erfahrung, dass wir in einer solch schrecklichen Situation nicht alleine sind. Sondern dass wir getragen, verstanden, begleitet werden. Es tut einfach gut, von einem Netz von Menschen gehalten zu werden. Auch wenn der Schmerz natürlich bleibt.“ Die EKD betont auf ihrer Internetseite die Bedeutung der Notfallseelsorge. Der Notfallseelsorger der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ralf Radix, wird mit den Worten zitiert, es sei Aufgabe seiner Kollegen, zuzuhören, zu begleiten und das Unglück mitauszuhalten. Ähnliches kommt von Pfarrerin Ulrike Johannes, der evangelischen Seelsorgerin am Frankfurter Flughafen: „Mit unseren Gedanken und Gebeten sind wir bei den verunglückten Passagieren und Crew-Mitgliedern.“ Haben Protestanten in so einer Notsituation wirklich nicht mehr zu sagen?

Die EKD hat eine Chance vertan

Wo bleibt der Hinweis auf Jesus Christus, der den Tod überwunden hat? Der Absturz wenige Tage vor Ostern könnte doch eine Steilvorlage sein, um die Hoffnung der Christen auf ein Leben in Ewigkeit bei Gott anzusprechen. Hat doch Jesus Christus selbst kurz vor seinem eigenen Tod am Kreuz noch den mit ihm zum Tode verurteilten Verbrecher ermutigt mit den Worten: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lukas 23,43). Welch ein Trost! Christliche Eltern, die ihre Kinder verloren haben, bekennen immer wieder, dass sie der Gedanke tröstet, ihre Lieben einmal wiederzusehen. Das ist lebendige Hoffnung. Sie zu bekennen, ist auch Aufgabe der kirchlichen Amtsträger. Stattdessen sagte die EKD die für letzten Donnerstag geplante Pressekonferenz ab, auf der sie ihr Grundlagenpapier zum Kreuzestod Jesu vorstellen wollte. Wie es hieß „aus aktuellem Anlass“ – gemeint sein kann nur die Flugzeugkatastrophe. Dabei hätte die EKD vor den Medienvertretern und damit vor Millionen im Fernsehen, im Hörfunk und den Printmedien die wichtigste Botschaft in dieser Situation verbreiten können: dass nämlich dank Kreuz und Auferstehung der Tod nicht das letzte Wort hat! Was kann es in dieser Situation Trostreicheres geben? Hier hat die EKD eine Chance vertan.


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