‚An einen demütigen Gott gewöhnt man sich nie!’

29. März 2015 in Aktuelles


Palmsonntag mit Papst Franziskus: Der Weg Christi – der Weg der Erniedrigung und Demut. Weltjugendtag: Unterwegs nach Krakau im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit. Die Predigt im Wortlaut. Von Armin Schwibach


Rom(kath.net/as) Palmsonntag auf dem Peterspatz. Mit der Palmprozession begann Papst Franziskus die Riten der Karwoche. An diesem Sonntag wird auch der 30. Weltjugendtag auf Bistumsebene begangen. Der Tag steht unter dem Motto: „Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen“ (Mt 5,8).

Wie im vergangenen Jahr benutzte der Papst einen Kreuzstab aus Olivenbaumholz. Dieser war für Franziskus von den Strafgefangenen der Justizvollzugsanstalt in San Remo gefertigt worden. Den Stab ziert auch das Wappen des Papstes.

In einer kurzen Predigt stellte Papst Franziskus die Selbsterniedrigung Jesu in den Mittelpunkt, die den Stil des christlichen Gottes offenbare, die Demut, was immer überrasche: „An einen demütigen Gott gewöhnt man sich nie“!“.

In dieser Karwoche gingen die Christen auf dem Weg der Erniedrigung Jesu. Nur so werde die Woche zu einer „heiligen“ Woche auch für uns.

Der Weg Gottes sei der Weg der Demut. Es gebe keinen anderen: „Und es gibt keine Demut ohne Erniedrigung!“. Der Sohn Gottes sei zum Diener geworden. Gott entkleide sich seiner selbst und entäußere sich. Diese Entäußerung sei die größte Erniedrigung.

Der Weg der Weltlichkeit sei das Gegenteil zum Weg Gottes. Der Teufel habe ihn auch Jesus während der vierzig Tage in der Wüste vorgeschlagen. Doch Jesus habe diesen Weg ohne zu zögern zurückgewiesen. Mit Jesus, seiner Gnade und Hilfe könnten auch wir die Versuchung der Weltlichkeit besiegen.

Abschließend erinnerte der Papst an die Erniedrigung jener, die wegen ihrem dem Evangelium entsprechenden Verhalten diskriminiert würden, sowie der verfolgten Christen, „der Märtyrer von Heute“. Sie verleugneten Jesus nicht und ertrügen mit Würde die Beleidigungen: „Sie folgen ihm auf seinem Weg“.

Am Ende der heiligen Messe vom Palmsonntag betete Papst Franziskus das Mittagsgebet des Angelus. In seiner Ansprache wandte sich Franziskus am 30. Weltjugendtag vor allem an die Jugendlichen, deren Weg sie im kommenden Jahr nach Krakau führen werde, der Heimat des heiligen Johannes Paul II., Initiator der Weltjugendtage.

Das Thema des internationalen Weltjugendtages „Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden“ (Mt 5,7) füge sich gut in das Heilige Jahr der Barmherzigkeit ein: „Lasst euch immer von der Zärtlichkeit des Vaters erfüllen, um sie um euch zu verbreiten“.

Der Papst betete besonders auch für die Opfer des Flugzeugabsturzes der Germanwings-Maschine der vergangenen Woche, bei dem eine Gruppe von Schülern zu Tode gekommen ist.


Kath.net veröffentlicht die Predigt des Heiligen Vaters am Palmsonntag 2015 im Wortlaut:

Im Mittelpunkt dieser Feier, die so freudig erscheint, steht das Wort, das wir im Hymnus aus dem Philipperbrief gehört haben: »Er erniedrigte sich« (Phil 2,8). Die Erniedrigung Jesu.

Dieses Wort verrät uns den Stil Gottes und folglich das, was der Stil des Christen sein muss: die Demut. Ein Stil, der nie aufhört, uns zu überraschen und in Krise zu versetzen: An einen demütigen Gott gewöhnt man sich nie!

Sich zu erniedrigen ist vor allem der Stil Gottes: Gott erniedrigt sich, um mit seinem Volk mitzugehen, um dessen Untreue zu ertragen. Das wird deutlich, wenn man die Geschichte des Exodus liest: Welch eine Demütigung für den Herrn, all dieses Murren, diese Klagen anzuhören! Sie richteten sich gegen Mose, doch letztlich waren sie gegen ihn, ihren Vater, gerichtet, der sie aus der Versklavung herausgeführt hatte und sie auf dem Weg durch die Wüste führte bis zum Land der Freiheit.

In dieser heiligen Woche, der Karwoche, die uns zum Osterfest führt, werden wir diesen Weg der Erniedrigung Jesu gehen. Und nur so wird die Woche auch für uns „heilig“ sein!

Wir werden die Verachtung der Führer seines Volkes spüren und ihre Täuschungen, um ihn zu Fall zu bringen. Wir werden den Verrat des Judas, eines der Zwölf, miterleben, der ihn für dreißig Silberlinge verkauft. Wir werden sehen, wie der Herr gefangengenommen und abgeführt wird wie ein Übeltäter; wie er von den Jüngern verlassen, vor den Hohen Rat geschleppt, zum Tod verurteilt, geschlagen und geschmäht wird. Wir werden hören, dass Petrus, der „Fels“ der Jünger, ihn dreimal verleugnet. Wir werden das Geschrei der von den Führern aufgewiegelten Menge hören, die fordert, dass Barabbas befreit und Jesus gekreuzigt wird. Wir werden ihn von den Soldaten verspottet, mit einem Purpurmantel bekleidet und mit Dornen gekrönt sehen. Und dann auf der „Via dolorosa“ und unter dem Kreuz werden wir die Beleidigungen der Leute und der Führer hören, die ihn als König und Sohn Gottes verlachen.

Das ist der Weg Gottes, der Weg der Demut. Es ist der Weg Jesu schlechthin, einen anderen gibt es nicht. Und es gibt keine Demut ohne Demütigung und Erniedrigung.

Indem der Sohn Gottes diesen Weg bis zum Ende gegangen ist, wurde er „wie ein Sklave“ (Phil 2,7). In der Tat, Demut bedeutet auch Dienst, bedeutet, Gott Raum zu lassen, indem man sich entäußert, innerlich „leer wird“, wie die Schrift sagt (V. 7). Dieses „leer werden“ ist die größte Erniedrigung.

Es gibt einen Weg, der dem Weg Christi entgegengesetzt ist: die Weltlichkeit. Die Weltlichkeit bietet uns den Weg der Eitelkeit, des Stolzes, des Erfolgs… Das ist der andere Weg. Der Böse hat ihn auch Jesus vorgeschlagen während der vierzig Tage in der Wüste. Doch Jesus hat ihn ohne Zögern abgelehnt. Und mit ihm, allein mit seiner Gnade, mit seiner Hilfe können auch wir diese Versuchung der Eitelkeit, der Weltlichkeit überwinden, nicht nur bei den großen Gelegenheiten, sondern in den gewöhnlichen Umständen des Lebens.

Dabei hilft und stärkt uns das Beispiel vieler Männer und Frauen, die in der Stille und im Verborgenen jeden Tag auf sich selbst verzichten, um den anderen zu dienen: einem kranken Angehörigen, einem einsamen Alten, einem Behinderten, einem Obdachlosen…

Denken wir auch an die Demütigung derer, die wegen ihres Verhaltens in der Treue zum Evangelium diskriminiert werden und persönlich dafür bezahlen. Und denken wir an unsere Brüder und Schwestern, die verfolgt werden, weil sie Christen sind, die Märtyrer von heute – so viele sind es! Sie verleugnen Jesus nicht und ertragen würdevoll Beleidigungen und Schmähungen. Sie folgen ihm auf seinem Weg. Wir können wirklich von einer „Wolke von Zeugen“ sprechen (Hebr 12,1) – die Märtyrer von heute.

Mit ihnen wollen in dieser Woche auch wir uns entschlossen auf diesen Weg der Demut begeben, mit ganz viel Liebe zu ihm, unserem Herrn und Retter. Die Liebe wird uns führen und uns Kraft verleihen. Und wo er ist, dort werden auch wir sein (vgl. Joh 12,26).

Papst Franziskus: Palmsonntag, 1. Teil: Feier des Einzugs Jesu in Jerusalem


Papst Franziskus Palmsonntagspredigt: ´An einen demütigen Gott gewöhnt man sich nie!´


Papst Franziskus: Angelus am Palmsonntag 2015



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