Helmut Schmidt hält Mission für 'zunehmend gefährlich'

20. März 2015 in Chronik


Altbundeskanzler: Christliche Mission hat „unermessliches Leid“ gebracht


Hamburg (kath.net/idea) Altbundeskanzler Helmut Schmidt (Foto) sieht Mission äußerst kritisch. Die Vorstellung, dass eine Religion durch Mission möglichst umfassend verbreitet werden soll, hält er für „zunehmend gefährlich“. Der christliche Missionsgedanke habe „unermessliches Leid über die Menschen gebracht“, schreibt der SPD-Politiker in seinem Buch „Was ich noch sagen wollte“ (C. H. Beck-Verlag/München).

Das Christentum habe zahlreiche Feldzüge im Zeichen des Kreuzes unternommen, etwa die Kreuzzüge ins Heilige Land. Dass das Heil einer Religion in ihrer möglichst umfassenden Verbreitung liegen soll, sei ihm immer fremd gewesen, so der 96-Jährige. Er habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Theologen sich nicht durch Toleranz gegenüber anderen Religionen auszeichnen. Im Zeitalter der Globalisierung rückten Menschen verschiedener Konfessionen dichter zusammen. Daher sei religiöse Toleranz eine Grundvoraussetzung für ein friedliches Zusammenleben.

„Sehr distanziert“ gegenüber dem Christentum

In seinem aktuellen Buch äußert sich Schmidt, der der evangelisch-lutherischen Kirche angehört, auch über seinen Glauben. Seine Religiosität sei nie besonders ausgeprägt gewesen. Der Altbundeskanzler: „Vertröstungen auf das Jenseits sind in meinen Augen wenig hilfreich bei der Bewältigung existenzieller Herausforderungen. Die Bibel gibt keine Entscheidungshilfen – schon gar nicht in konkreten politischen Situationen.“

Schmidt kritisiert unter anderem die Aussage Jesu aus der Bergpredigt, sich nicht allzu sehr um die Erfordernisse des Tages zu kümmern.

Auch die Forderung „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet“, stößt auf Schmidts Widerspruch. Wo es Verbrechen gebe, müsse es auch Richter geben, die ein Urteil fällen. Schmidt: „Je länger ich über die Konsequenzen solcher Lehrsätze nachdachte, desto fremder wurde mir das Christentum.“ Der Vergleich mit anderen Religionen und Philosophien habe dazu geführt, dass er dem Christentum heute „sehr distanziert“ gegenüberstehe.


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