Ende der Verschreibungspflicht

15. März 2015 in Deutschland


„Pille danach“ ist ab sofort rezeptfrei erhältlich - Von Anna Mertens (KNA).


Berlin (kath.net/ KNA)
Ab heute ist die «Pille danach» rezeptfrei erhältlich. Anfang März hatte der Bundesrat über die Änderung der Arzneimittelverordnung entschieden. Frauenärzte und Fortpflanzungsmediziner hatten indes ernsthafte Bedenken geäußert. Die katholische Kirche lehnt eine rezeptfreie Abgabe grundsätzlich ab und ist zudem strikt gegen jedes Präparat mit abtreibender Wirkung.

Lange hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sich gegen den wachsenden Druck gewehrt. Erst als die EU-Kommission Anfang Januar entschied, die Verschreibungspflicht für die «Pille danach» mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat EU-weit aufzuheben, kündigte Gröhe eine Anpassung des deutschen Rechts an - gleich für mehrere Arzneimittel. In einem beschleunigten Verfahren wurde die neue Verordnung gemeinsam mit Ärzten und Apothekern erarbeitet.

Als «Pille danach» wird umgangssprachlich ein hormonell wirksames Präparat zur Schwangerschaftsverhütung in Notfällen bezeichnet. Durch die Änderung der Arzneimittelverordnung ist nun eine rezeptfreie Abgabe von vier Präparaten möglich: das Ulipristalacetet-haltige «ellaOne», sowie drei weitere Levonorgestrel-haltige Präparate. Beide Wirkstoffe verzögern den Eisprung, um eine Befruchtung der Eizelle zu verhindern. Unterschiede gibt es bei der Wirkdauer. Während «ellaOne» bis zu 120 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden kann, sind die Levonorgestrel-haltigen Präparate nur für eine Verhütung binnen 72 Stunden vorgesehen.

Die Arzneien sind künftig in örtlichen Apotheken erhältlich. Kommerzielle Werbung ist nicht erlaubt. Versandapotheken wurden von der Abgabe ohne Rezept ausgenommen, um Missbrauch zu verhindern. Gegen den Versandhandel sprechen demnach die notwendige schnelle Einnahme des Notfallkontrazeptivums binnen Stunden nach dem Geschlechtsverkehr sowie die fehlende Beratung im Netz. Auch ein Kauf auf Vorrat könne beim Internethandel kaum kontrolliert werden.

Die Bundesvereinigung der Apothekerverbände hat erste Handlungsempfehlungen sowie eine Beratungs-Checkliste veröffentlicht. Darin heiß es, dass der Apotheker die «Pille danach» der betroffenen Patientin persönlich und möglichst nicht auf Vorrat verkaufen solle. Bei minderjährigen Kundinnen weisen die Verbände auf die besondere Sorgfaltspflicht hin. Eine Abgabe ist aber laut Verordnung grundsätzlich an «Frauen im gebärfähigen Alter» rechtens. Die endgültige Verkaufsentscheidung liegt daher beim Apotheker.

Für Frauen bis zum vollendeten 20. Lebensjahr soll die «Pille danach» weiterhin kostenlos verfügbar sein. Bedingung ist, dass die Frauen sich die «Pille danach» beim Arzt verschreiben lassen.

Die Verbände der Frauenärzte, Gynäkologen und Fortpflanzungsmediziner halten die bisherigen Handlungsempfehlungen der Apothekerverbände für mangelhaft. So fehle etwa die Information zur sinkenden Wirksamkeit der «Pille danach» ab einem Körpergewicht von 75 Kilogramm. Darüber hinaus werde die hormonfreie Kupferspirale nicht als Alternative genannt. Diese sei jedoch, so die Bewertung der Mediziner, «die sicherste Notfallmaßnahme nach ungeschütztem Sex». Sie sei nicht gewichtsabhängig, zeitlich flexibler und wirke mit Kupferionen und ohne Hormongabe.

Vor allem kritisieren die Ärzte, dass die Regelung nicht ausreichend vor Missbrauch schütze. Da nach derzeitigem Stand die «Pille danach» auch an Dritte verkauft werden dürfe, gebe es in solchen Fällen keine vertrauliche und persönliche Beratung. Gerade nach einem möglichen sexuellen Missbrauch eines Mädchens oder einer Frau etwa innerhalb der Familie oder des Bekanntenkreises sei das ein erhebliches Gefahrenpotenzial für die Betroffenen.

Die Ärzte sprechen sich daher für eine Abgabe nur an die Patientinnen und eine direkte Einnahme in der Apotheke aus. Zudem dringen sie auf eine Evaluation der rezeptfreien Abgabepraxis, um die Verkaufszahlen und die Entwicklung der Schwangerschaftsabbrüche in den kommenden laufend Jahren zu kontrollieren.


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