Wo die Politik versagt, springt die Kirche ein

14. März 2015 in Deutschland


Die Angst der Christen in vielen Ländern mit Verfolgungen und Verbrechen auf dem Kongress in Würzburg – von Peter Winnemöller


Würzburg (kath.net)
Auf dem Kongress Treffpunkt Weltkirche von Kirche in Not im Kongresszentrum Würzburg beschäftigte sich das Podium „Wo die Politik versagt, springt die Kirche ein“ mit der Frage, wo und wie die Kirche unterstützt und hilft, wenn die Politik eines Landes versagt. Auf dem Podium saßen:
Altbischof Paride Taban, Altbischof von Torit im Südsudan, Pater Charles Saw SDB, Provinzial der Salesianer Don Boscos in Myanmar, Pater Stefano Molon OCD, Missionar in der Zentralafrikanischen Republik und Fr. Douglas Bazi, Erbil (Irak). Das Podium wurde moderiert von Volker Niggewöhner.

Zu Beginn verlas Fr. Douglas eine Erklärung seines Erzbischofs Bashir Warda zur Situation der Christen im Irak. Vor neun Monaten seien die Christen aus Mossul vertrieben worden. Vor sechs Monaten war die Vertreibung der Christen aus der Ninive – Ebene. Es gebe dort keinen christlichen Präsens mehr und es sei unsicher, ob eine Rückkehr überhaupt möglich ist. Die Botschaft laute: „Dieses Land will die Christen nicht!“ Christen jedoch hätten dem Land viel gegeben. Das Miteinander habe bislang auf gegenseitigem Respekt basiert.

Verfolgung und Vertreibung habe die Christen traumatisiert. Auch in Kurdistan hätten die Christen wohl keine Zukunft. Viele Christen wollen das Land verlassen. Es gebe inzwischen 2,6 Millionen Binnenflüchtlinge im Land. Es brauche, so die Erklärung des Erzbischofs, die Hilfe von außen. Die Christen seien nicht im Konflikt, sie hätten keine Miliz und würden nur auf Grund ihres Glaubens verfolgt. Das Land werde mit dem Problem nicht fertig. Vor allem auf Bildung lege die Kirche im Irak großen Wert, dazu habe man gemeinsam mit Kirche in Not Caravane als Schulen aufgestellt und in Erbil eine katholische Universität gegründet. Der Erzbischof erneuerte in der Erklärung seinen Appell: „Wir bitten Sie uns zu unterstützen!“

Auf die Frage des Moderators, warum ISIS so stark geworden sei, erklärt Fr. Douglas, es sei ein Konflikt zwischen Shiiten und Sunniten im Land, es gehe um Macht und auch um Öl. ISIS sei in sehr kurzer Zeit groß geworden, als sie nach Mossul kamen, hätten die Soldaten sehr schnell die Stadt verlassen. Es sei eine Rache an der Regierung.

Zur Situation im Südsudan erklärte Bischof Taban, das Land habe viel gelitten. Die Menschen dort sollten sich jetzt entwickeln können. Nach der Teilung des Sudan sei die Kirche im Südsudan weiterhin eine moralische Autorität. Sie schalte sich in lokale Konflikte ein und helfe diese beizulegen. Die Kirche sei an der Unabhängigkeit des Südsudan beteiligt gewesen. Bildung und Ausbildung sieht der Bischof neben seiner Friedensmission als eine der Hauptaufgaben der Kirche. Bildung und Ausbildung schaffen den Menschen die Möglichkeit zu Frieden und wirtschaftlicher Entwicklung. Dies betonte der Bischof, der später auch noch von einem von ihm gegründeten Friedensdorf berichtete.

Dort könnten die Menschen sich in einem Umkreis von 300 km frei und ohne Angst bewegen. „Wir brauchen Ihr Gebet!“, betonte der Bischof, „Wir brauchen Bildung und wir brauchen Traumatraining.“ Viele Menschen im Südsudan sind auf Grund der Kriege, Unterdrückung und Versklavung schwer traumatisiert. Auch der Bischof selber gestand, daß er noch immer regelmäßig seine Traumaübungen mache, um seine Arbeit fortsetzen zu können.

Zur Situation in Myanmar befragt, erklärte P. Charles, nach Ende der Militärdiktatur habe sich allenfalls die Uniform geändert und es gebe ein wenig mehr Meinungsfreiheit. Weiterhin gebe es ethnische Konflikte und Kämpfe um Bodenschätze. Seit 1962 sei die Kirche vor allem niederschwellig mit sozialer Hilfe und Bildungsarbeit im Land aktiv.

P. Stefano stellte die Situation in der Zentralafrikanischen Republik dar. Als 2013 lokale Rebellen mit Hilfe des Tschad die Macht ergriffen hatten, hätte man sie mit wenigen Mitteln schnell stoppen können. Frankreich habe allerdings nicht reagiert. Christen würden seitdem massive verfolgt, es habe Tote gegeben. Ein friedliches Zusammenlegen sei nicht mehr möglich. Der Norden sei nach wie vor in Rebellenhand, im Süden hingegen gäbe es kaum noch Muslime, so der Pater. Die Kirche engagiere sich für die Versöhnung. Sein Bischof und ein Imam seien regelmäßig gemeinsam auf Reisen durch das Land um für Frieden und Versöhnung zu arbeiten.

Das Podium endete mit zwei Appellen. Bischof Taban forderte, den Waffenhandel einzudämmen. „Schickt das Gewehr zurück zum weißen Mann!“, forderte der Bischof mit Bezug auf ein Theaterstück, das junge Menschen im Südsudan einstudiert und aufgeführt hatten.

„Wir müssen aufwachen!“, forderte Fr. Douglas. „Wir brauchen nicht allein das Geld. Wir brauchen Menschen, die uns helfen.“, schloß der Priester aus dem Irak.

Der Moderator bedankte sich für die lebendigen Berichte der Teilnehmer und zog das Fazit: „Die Hilfe soll die Not wenden.“



Video: Monsignore Florian Kolfhaus, Mitarbeiter im vatikanischen Staatssekretariat, im kath.net-Interview am Rande des KIRCHE IN NOT-Kongresses


Video: Vortrag von Dr. theol. Johannes Hartl, Leiter des Augsburger Gebetshauses beim KIRCHE IN NOT-Kongress


Video: kath.net-Interview mit Martin Lohmann beim Kongress


Foto: Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann bei der Eröffnungsmesse des Kongresses von KIRCHE IN NOT


Foto: (c) Peter Winnemöller



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