Kinderpornografie härter bestrafen?

12. März 2015 in Kommentar


Pro & Kontra: Gegen eine Geldauflage von 5.000 Euro stellte das Landgericht Verden das Verfahren gegen den früheren Bundestagsabgeordneten Edathy ein, er gilt damit nicht als vorbestraft. Wird Kinderponografie nicht hart genug bestraft?


Wetzlar (kath.net/idea) Der Ausgang des Kinderpornografieverfahrens gegen Sebastian Edathy erhitzt die Gemüter. Mit einem Geständnis im Prozess hat der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete eine Verurteilung abgewendet. Gegen eine Geldauflage von 5.000 Euro stellte das Landgericht Verden das Verfahren ein. Edathy gilt damit nicht als vorbestraft. Wird Kinderpornografie nicht hart genug bestraft?

PRO

Meine Meinung ist, dass Herr Edathy eine viel zu geringe Strafe erhalten hat. Dafür möchte ich einige Gründe anführen:

Mit dieser Strafe gilt er als nicht vorbestraft. Nun mag man einwenden, dass er ohnehin durch die Medien bestraft ist, seine Zukunft von diesem Makel geprägt sein wird und der Vorfall eine öffentliche Ächtung nach sich ziehen wird. Doch diese 5.000 Euro, die die Höchststrafe für diese Straftat ausmachen und für ihn finanziell wahrscheinlich unerheblich sind, spiegeln eine Haltung gegen Kinderpornografie unserer Justiz wider.

An der sexuellen Ausbeutung von Kindern mitgewirkt

Der Schauspieler Til Schweiger bringt auf Facebook das Geschehen auf den Punkt: „Das Urteil muss doch jedem Pädophilen so richtig Mut machen … Dass das Verfahren jetzt eingestellt worden ist, macht mich sprachlos … auch, dass es als juristisch korrekt bezeichnet wird (…), finde ich grenzwertig.“

Herr Edathy hat sich mit seiner pädophilen Neigung nicht direkt an Kindern vergangen, aber mit seinem Klick auf den Bestellknopf im Internet hat er an der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen mitgewirkt. In der ganzen Welt werden Kinder und Jugendliche wissentlich sexuell ausgebeutet. Diese Kinder haben in der Regel ein Leben lang an den Folgen zu leiden.

Immer wieder begleite ich pädophil empfindende Menschen und weiß sowohl um die Not der Opfer als auch der Täter. Mit diesem Urteil werden weder andere Täter abgeschreckt, noch fühlen sich die Opfer verstanden.

Herr Edathy ist für mich nicht wegen seiner Neigung schuldig, sondern weil er der Neigung nachgegeben hat und sich wahrscheinlich keine Hilfe geholt hat.

Der Autor, Rolf Trauernicht, ist Leiter des evangelischen Fachverbandes für Sexualethik und Seelsorge „Weißes Kreuz“ (Ahnatal/Kassel).

KONTRA

Die 1993 eingeführte Regelung zur Kinderpornografie hat erstmals auch den bloßen Besitz entsprechenden Materials unter Strafe gestellt und wurde seither mehrmals verschärft. Die Verbreitung von Kinderpornografie wird nun mit einer Gefängnisstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren, in schweren Fällen sogar bis zehn Jahren geahndet. Damit erfolgt eine stärkere Sanktionierung als bei der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ oder „Sexuellem Missbrauch Jugendlicher“. Sie ist vergleichbar mit derjenigen für die „Förderung des Menschenhandels“.

Bloßer Besitz von kinderpornografischem Material kann mit Geldstrafe oder Haft bis drei Jahren geahndet werden. Infolge der Edathy-Affäre wurde die Strafbarkeit Anfang 2015 auch auf den Besitz von „Posing“-Bildern, also Nacktbildern von Kindern in vermeintlich natürlichen Lebensposen wie beim Spielen, ausgedehnt und damit eine Gesetzeslücke geschlossen. Wichtiger erscheint mir, dass diese Delikte gegen die Schutzbedürftigsten unserer Gesellschaft heute auch gesellschaftlich geächtet sind. Als Vater von drei Kindern kann ich das nur begrüßen. Den gegebenen Strafrahmen halte ich jedoch – auch als Christ und Jurist – für ausreichend.

Eher wäre der bestehende soziale Konsens noch zu betonen. Gleichgültigkeit gegenüber immer anzüglicheren Darstellungen in der Werbung oder der Unterhaltungsbranche erscheint mir fehl am Platz. Zudem: Werden unsere Kinder mit planmäßiger Frühsexualisierung schon im Kindergarten und dem schulischen Heranführen an eine sexuelle Vielfalt – die im Mittelstufenalter den Umgang mit Erotik-Spielzeugen erwartet – nicht auch gefährdet? So verständlich der Ruf nach Strafverschärfung für Kinderpornografie auch ist, leisten wir uns da wohl einen Wertungswiderspruch, der noch einer Auflösung bedarf.

Der Autor, Patrick Menges, ist Partner der Rechtsanwaltskanzlei Allner Menges in München und Vorsitzender der Initiative „Christ und Jurist“.


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