Sorge um besorgte Karnevalisten

29. Jänner 2015 in Deutschland


Diskussion nach Verzicht auf «Charlie-Hebdo»-Wagen in Köln. Von Andreas Otto (KNA)


Köln (kath.net/KNA) Am Ende hat die Karnevalisten in Köln der Mut verlassen. Das schreckliche Attentat in Paris wird entgegen der Planung nun doch nicht Thema im Rosenmontagszug. Der per Facebook-Votum ermittelte «Charlie-Hebdo»-Wagen mit einem Clown, der mit einem Stift das Gewehr eines Terroristen zerstört, fährt nach einem Beschluss des Kölner Festkomitees im Zug nicht mit - aus Sorge um besorgte Besucher. Die Reaktionen fallen unter Politikern und Karnevalisten gemischt aus. Dennoch bleibt das Thema Religion in der laufenden Session nicht außen vor.

Auf der Facebook-Seite des Festkomitees entlädt sich derzeit viel Frust und Wut über die Entscheidung. Die Organisatoren werden dort wenig freundlich als «Leichenbestatter des Kölner Karneval» tituliert; ihr Beschluss sei «ein Sargnagel für die Meinungsfreiheit in Deutschland». Es gibt aber auch Stimmen, die Verständnis äußern: «Wieso muss unbedingt so ein Wagen mitfahren, wo sich irgendwelche 'Islamisten' vielleicht provoziert fühlen.» Und die Frage: «Wie genau sollen an so einem Tag Sicherheitsmaßnahmen aussehen?»

Ähnlich verläuft auch die Debatte auf politischer Ebene: Während die Grünen sich enttäuscht geben und eine verpasste Chance für die Meinungs- und Pressefreiheit beklagen, sieht Unions-Innenexperte Wolfgang Bosbach keine andere Chance als den Verzicht auf den Wagen. «Natürlich ist das ein Einknicken vor extremistischen, radikalen Kräften», räumt er ein. «Aber wir alle wollen Rosenmontag als großes Volksfest unbeschwert erleben.» NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) positioniert sich irgendwie dazwischen. Es sei «Teil der Meinungsfreiheit, etwas nicht zu tun», meint er zur Kölner Entscheidung. Zugleich betont er: «Wir dürfen jetzt nicht in Angst und Furcht erstarren.»

Die Karnevalshochburg Mainz signalisiert den Kölner Kollegen Solidarität. Man respektiere deren Beschluss, so der Mainzer Carneval-Verein. Sprecher Michael Bonewitz sagte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): «Die Kölner haben eine große Verantwortung.» Das Festkomitee müsse im Sinne von vielen Besuchern entscheiden, dagegen trage ein einzelner Satiriker für seine individuelle Entscheidung allein die Konsequenzen.

Aufgrund der aktuellen Debatte veröffentlichte der Mainzer Carneval-Verein aber vorzeitig den Plan für einen der insgesamt 15, bereits im November geplanten Motivwagen. Unter der Überschrift «Hier gelte nu(h)r ich» greift der Rosenmontagswagen die Anzeige nach der Koran-Kritik des Kabarettisten Dieter Nuhr auf und wirbt für die Glaubens-, Meinungs- und Pressefreiheit. Religion bleibt damit zumindest im Mainzer bunten Treiben nicht außen vor.

Generell spielt Glaube und Kirche in den Zügen immer wieder eine Rolle. «Götter und Propheten sind tabu», zieht Hans-Peter Suchand, Sprecher des Comitee Düsseldorfer Carneval, zwar die Grenze. Das Bodenpersonal sei aber sehr wohl Gegenstand von beißender Kritik, etwa der einstige Limburger Bischof Franz-Peter Franz-Peter Tebartz-van Elst wegen seines Finanzgebarens oder der Missbrauch durch Geistliche.

Ob und inwieweit die Düsseldorfer sich auf religiöses Terrain vorwagen oder sich dem Paris-Attentat zuwenden, bleibt derzeit offen. Wie immer soll erst zwei Tage vor Rosenmontag das Geheimnis über die dortigen Motivwagen gelüftet werden - und vielleicht findet sich ja dann dort ein Wagen, der dem abgelehnte Kölner Entwurf ähnelt.



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