‚Kirchliche Eliten’ und die Privatisierung des Heils

29. Jänner 2015 in Aktuelles


Franziskus in Santa Marta: Jesus hat jeden einzelnen namentlich gerettet, aber in einem Volk. Die drei Kriterien wider die ‚Privatisierung des Glaubens’. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Der Glaube darf nicht „privatisiert“ werde. Dies unterstrich Papst Franziskus in seiner Predigt bei der Messe am Donnerstag der dritten Woche im Jahreskreis in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“, in der er sich auf die erste Lesung aus dem Brief an die Hebräer konzentrierte (10,19-25).

Jesus sei „der neue Weg“, dem entsprechend der von ihm gewollten Form gefolgt werden müsse. Denn es gebe auch falsche Formen christlichen Lebens, so der Papst. Jesus gebe die Kriterien, um diesen falschen Wegen nicht zu folgen. Einer dieser falschen Wege bestehe in der „Privatisierung des Heils“:

„Es ist richtig: Jesus hat uns alle gerettet, doch nicht einfach so im Allgemeinen. Alle, aber einen jeden einzelnen, mit Namen und Nachnamen. Und das ist das persönliche Heil. Ich bin wirklich gerettet worden, der Herr hat auf mich geblickt, er hat sein Leben für mich hingegeben, er hat diese Tür geöffnet, dieses neue Leben für mich, und ein jeder von uns kann sagen: ‚für mich’. Aber es besteht die Gefahr zu vergessen, dass er uns zwar einzeln, doch als einzelne in einem Volk gerettet hat. In einem Volk. Der Herr rettet immer in einem Volk. Deshalb sagt der Autor dieses Briefes: ‚Achten wir aufeinander’. Es gibt kein Heil, das ausschließlich für mich wäre. Wenn ich das Heil so verstehe, begehe ich einen Irrtum. Ich schlage den falschen Weg ein. Die Privatisierung des Heils ist ein falscher Weg“.

Franziskus gab die drei Kriterien an, um das Heil nicht zu privatisieren: „den Glauben an Jesus, der reinigt“, „die Hoffnung, die uns auf die Verheißungen blicken und uns vorangehen lässt“, und „die Liebe“, das heißt: „Achten wir aufeinander, um uns gegenseitig in der Liebe und in den guten Werken anzuregen“.

„Und wenn ich in einer Pfarrei, in einer Gemeinschaft bin, welche es auch immer sein mag“, so Franziskus, „dann kann ich das Heil privatisieren und nur ein wenig in Gemeinschaft sein. Um es aber nicht zu privatisieren, muss ich mich selbst fragen, ob ich spreche, ob ich den Glauben mitteile. Ob ich von der Hoffnung spreche, sie mitteile. Ob ich von der Liebe spreche, sie tue und mitteile. Wenn in einer Gemeinde nicht gesprochen wird, wenn man sich nicht gegenseitig in diesen drei Tugenden ermutigt, dann haben die Mitglieder jener Gemeinde den Glauben privatisiert. Jeder sucht sein eigenes Heil, nicht das Heil aller, das Heil des Volkes. Jesus hat einen jeden einzelnen gerettet, aber in einem Volk, in einer Kirche“.

Der Autor des Briefs an die Hebräer gebe einen sehr wichtigen praktischen Rat: „Lasst uns nicht unseren Zusammenkünften fernbleiben, wie es einigen zur Gewohnheit geworden ist“ (10,25). Dazu komme es, wenn man in einer Pfarrei, in einer Gruppe zusammenkomme und dabei über die anderen urteile und sich eine gewisse Verachtung gegenüber ihnen einstelle. Dies habe nichts mit dem neuen und lebendigen Weg zu tun, mit jener Tür, die der Herr geöffnet habe:

„Sie verachten die anderen. Sie halten sich von der Gemeinschaft insgesamt fern. Sie halten sich vom Volk Gottes fern. Sie haben das Heil privatisiert: das Heil ist für mich und für mein Grüppchen, aber nicht für das ganze Volk Gottes. Und das ist ein sehr großer Fehler. Das ist es, was wir die ‚kirchlichen Eliten’ nennen und als solche sehen. Wenn sich im Volk Gottes diese Grüppchen bilden, dann denken sie, gute Christen zu sein, vielleicht sind sie auch guten Willens, doch sie sind Grüppchen, die das Heil privatisiert haben“.

Gott „rettet uns in einem Volk, nicht in Eliten, die wir mit unseren Philosophien oder mit unserer Art, den Glauben zu verstehen, geschaffen haben. Und das sind nicht die Gnaden Gottes“. So müsse sich jeder fragen: „Neige ich dazu, das Heil für mich zu privatisieren, für mein Grüppchen, für meine Elite, oder bin ich einer, der dem Volk Gottes nicht fern bleibt, der sich nicht vom Volk Gottes entfernt und immer in einer Gemeinschaft, in einer Familie ist, mit der Sprache des Glaubens, der Hoffnung und mit der Sprache der Werke der Nächstenliebe?“.

„Der Herr schenke uns die Gnade“, so der Papst abschließend, „uns immer als Volk Gottes zu fühlen, in dem jeder persönlich gerettet ist. Das ist wahr: er rettet uns mit Namen und Nachnamen, doch in einem Volk, nicht in einem Grüppchen, das ich für mich schaffe“.


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