Merkels Angebot an Russland ist 'falsches Signal'

26. Jänner 2015 in Aktuelles


Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV): Menschenrechtsverletzungen und Einschränkung von Bürgerrechten dürften nicht belohnt werden, Putin spiele „doppeltes Spiel“


Göttingen (kath.net/GfbV) Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Angela Merkels Angebot, mit Russland eine Wirtschaftskooperation einzugehen, wenn es eine Friedenslösung für die Ukraine gebe, als „falsches Signal zum falschen Zeitpunkt“ bezeichnet. Die GUS-Referentin der Menschenrechtsorganisation, Sarah Reinke, warnte am Freitag in Berlin davor, das „doppelte Spiel“ des russischen Präsidenten zu belohnen. Wladimir Putin halte sich nicht an Regeln. Dies lehre sowohl die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, die Nichteinhaltung des Minsker Abkommen als auch die empfindliche Einschränkung von Bürgerrechten in Russland selbst.

„Trotz des Minsker Abkommens vom September und des großen Leids der Zivilbevölkerung wird in der Ukraine weiter gekämpft“, warf Reinke der russischen Regierung vor. „Die Annexion der Krim wird kaum mehr thematisiert, obwohl die Bevölkerung dort systematisch schikaniert wird.“ Als Beispiele für die Drangsalierung der Krimtataren führte Reinke Willkürjustiz gegen Krimtataren an. So sei gerade der fünfte Bürgerrechtler zu einer Haftstrafe verurteilt worden, nur weil er am 3. Mai Mustafa Dschemilew, Leitfigur der Krimtataren, auf der Krim empfangen wollte. Der Richterspruch erging am 21. Januar. Auch das Einreiseverbot gegen Dschemilew gelte weiter. In der Nacht zum Freitag wurden drei krimtatarische Menschenrechtler sieben Stunden an der Grenze zwischen der Krim und der Ukraine festgehalten und befragt. Bis zu 10.000 der rund 300.000 Krimtataren sind seit der Annexion von der Krim geflohen, Morde und das Verschwindenlassen junger Männer werden nicht aufgeklärt.

Gleichzeitig nutzt die russische Regierung den Krieg in der Ukraine, um weitere Maßnahmen gegen die russische Zivilgesellschaft zu ergreifen und den Einfluss von außen massiv einzuschränken bzw. zu kriminalisieren, kritisierte die GfbV. Aktuell wird in der Duma ein Gesetz diskutiert, um Führungskräfte und Mitarbeiter „unerwünschter ausländischer Organisationen“ in Zukunft persönlich mit Geldbußen von bis zu 100.000 Rubel (etwa vier Monatslöhne eines durchschnittlichen russischen Einkommens), strafrechtlichen Bußen von bis zu 500.000 Rubel und bis zu fünf Jahren Zwangsarbeit oder acht Jahren Haft belegen zu können. Ausländern könnte die Einreise nach Russland verweigert werden. „Wenn dieses Gesetz im beschleunigten Verfahren durch die Duma kommt, könnte es schon von Ende Januar an gelten. Damit legt die russische Regierung Völkerverständigung, Dialog, freien Wirtschaftskontakte und Vertrauen große Steine in den Weg und isoliert sich weiter selbst.“


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