Wie sich junge Muslime radikalisieren

16. Jänner 2015 in Aktuelles


Wie sich junge Muslime radikalisieren Islamisten äußern sich in einem ZDF-Beitrag über ihre Motive


Mainz (kath.net/idea) Immer mehr junge Muslime in Europa wenden sich dem islamischen Extremismus zu. Etwa 4.000 sind nach Syrien gereist, um dort für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) in einem sogenannten Heiligen Krieg (Dschihad) zu kämpfen. Wie kommt es zur Radikalisierung dieser Jugendlichen? Darüber berichtete das ZDF am 14. Januar in einem Beitrag unter dem Titel „Bereit zu sterben für Allah – Islamisten in Deutschland“. Demnach spielen soziale Netzwerke und Video-Plattformen eine Schlüsselrolle. Sie seien der schnellste und leichteste Weg, um junge Menschen mit islamistischer Propaganda zu erreichen. Ein wichtiges Instrument sei die Plattform Salafimedia. Einer der Verantwortlichen, der 35-Jährige Abu Waleed (London), äußerte sich zur Strategie der Islamisten: „Wir sind in die Subkultur der Jugend eingetaucht.“ Man nutze Computerspiele und die Musik der Jugendlichen, um ihnen die eigenen Botschaften zu vermitteln. Waleed hielt in dem Beitrag auch eine kurze Hasspredigt gegen Andersdenkende: „Terrorisiert sie mit allem, was Allah dir gegeben hat.“ Laut Waleed sehen rund 10.000 Menschen jeden Tag die Videos von Salafimedia. Die Autoren des Beitrags sprachen auch mit sogenannten „Gefährdern“, denen deutsche Sicherheitsbehörden Anschläge zutrauen. Davon gibt es nach Schätzungen rund 260. Der Deutsch-Marokkaner Abu Dharr äußerte Verständnis für die Anschläge islamistischer Terroristen in Paris, bei denen 17 Menschen – darunter zehn Journalisten und Zeichner des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ – ermordet wurden: „Es ist einfach eine logische Schlussfolgerung, wenn man ständig sieht, wie der Prophet beleidigt wird.“

Islamist: Viel klammheimliche Freude über „Aktionen“ in Paris

Der Konvertit Bernhard F. – ein ehemaliger Linksterrorist – sagte, es gebe in der „muslimischen Community eine Menge klammheimliche Freude“ über die „Aktionen“ in Paris. In dem Beitrag äußerte sich auch der Islamist Mirza Tamoor B., der Kämpfer nach Syrien geschleust haben soll und inzwischen in Untersuchungshaft sitzt. Er sagte, in Deutschland gebe es keinen Dschihad, aber in Syrien: „Da müssen wir hin und unser Geld spenden. Da müssen wir unsere Söhne spenden.“ Laut ZDF ist ein Sohn des Mannes als IS-Kämpfer in Syrien gestorben. Zu Wort kam auch eine – bis auf die Augen – verschleierte Muslima, die als gebildet und „äußerst radikal“ beschrieben wurde. Sie vertrat die Ansicht, dass man keine Demokratie brauche, auch nicht in Europa: „Wir würden gern einen islamischen Staat haben, weil sich das jeder Muslim wünscht. Und wir hoffen auch, dass er aufgebaut wird.“

Islamismus ist „die Antwort auf Scheitern, Frust und Ausgrenzung“

Der Islamwissenschaftler Thorsten Gerald Schneiders (Köln) sieht in der Hinwendung zum Islamismus eine Protestkultur benachteiligter Jugendlicher. Häufig hätten sie Probleme mit ihrem Leben und in der Schule. Als Islamisten wollten sie die Gesellschaft provozieren, die sie in ihren Augen schlecht behandle. Fazit des Beitrags: „Islamismus ist für immer mehr junge Menschen die Antwort auf Scheitern, Frust und Ausgrenzung. Die Gesellschaft muss ihnen Perspektiven bieten, sonst werden die extremistischen Gruppen weiter Zulauf haben.“ Terrorexperte: Mit jedem „erfolgreichen Anschlag“ mehr Zulauf

Zu den Gefahren durch IS nahm der früher im ägyptischen Militärgeheimdienst tätige Ex-General

Sameh Seif-Elyazal Stellung. Er jagte 30 Jahre lang islamische Extremisten. Nach seinen Angaben plant IS nach den Anschlägen in Paris weitere Operationen in Europa. Man müsse alles tun, um sie zu verhindern, denn mit jedem „erfolgreichen Anschlag“ folgten mehr junge Leute der Terrororganisation. Sie empfänden es als ein Abenteuer: „Sie gehen in eine andere Welt.“

Politologe Abdel-Samad kritisiert Islam-Äußerung Bundeskanzlerin

Unterdessen hat der aus Ägypten stammende Politologe Hamed Abdel-Samad – selbst Muslim – Kritik an der Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geübt, dass der Islam zu Deutschland gehöre. kath.net hat berichtet. In einem Offenen Brief auf Facebook schrieb er: „Es ist nicht die Aufgabe eines Politikers, eine Religion zu rehabilitieren oder zu bewerten. Politiker sind für die Menschen da, nicht für die Ideologien dieser Menschen. Bevor Sie diese Behauptung in die Welt setzen, sind Sie verpflichtet, den Bürgern dieses Landes zu erklären, was der Islam ist.“ Abdel-Samad fragt, ob auch die Aufteilung der Welt in Gläubige und Ungläubige zu Deutschland gehöre und was denn mit dem Dschihad und mit der Polygamie sei. „Was ist mit der Todesstrafe für Apostaten? Was ist mit Körperstrafen für Diebe und Ehebrecher und Alkoholtrinker? Was ist mit Frauenrechten, die im Islam kaum vorhanden sind?“


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