'Alle sind Charlie, keiner ist Jude!'

12. Jänner 2015 in Österreich


Präsident der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde schreibt offenen Brief an österreichische Bundesregierung: Die vier Terroropfer im jüdischen Supermarkt „starben, weil sie Juden waren!“ Dies wurde bei der Gegenkundgebung nicht erwähnt.


Wien (kath.net) „Es erfüllt die Israelitische Kultusgemeinde mit Befremden und Trauer, dass bei der gestrigen beeindruckenden Gedenkkundgebung am Ballhausplatz vergessen wurde das Wort 'jüdische Opfer' auch nur ein einziges Mal zu erwähnen. Dabei war die Kultusgemeinde sogar als eine der Religionsgemeinschaften Miteinlader.“ Dies schrieb der Präsident der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, in seinem offenen Brief an den die österreichische Bundesregierung.

kath.net dokumentiert den Offenen Brief von Oskar Deutsch, Präsident Israelitische Kultusgemeinde - Israelitische Religionsgesellschaft, in voller Länge:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Faymann,
Sehr geehrter Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner,
Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung,

Es erfüllt die Israelitische Kultusgemeinde mit Befremden und Trauer, dass bei der gestrigen beeindruckenden Gedenkkundgebung am Ballhausplatz vergessen wurde das Wort "jüdische Opfer" auch nur ein einziges Mal zu erwähnen. Dabei war die Kultusgemeinde sogar als eine der Religionsgemeinschaften Miteinlader.

Die vier Terroropfer im jüdischen Supermarkt starben nicht wie erwähnt "als Angehörige verschiedener Religionen, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren", sondern weil sie am Freitagnachmittag für den kommenden Sabbath Einkäufe tätigten. Sie starben weil sie Juden waren!

Nach den Anschlägen in Toulouse und Brüssel mit jeweils vier Toten war dies der dritte Terroranschlag islamistischer Fanatiker gegen eine jüdische Einrichtung in Europa. Die jüdische Gemeinde fragt sich warum es so schwer erscheint, der jüdischen Menschen zu gedenken und diese auch beim Namen zu nennen damit sie niemals vergessen werden. Sie waren Bürger Europas, die wegen ihrer Religion hingerichtet wurden:

Yoav Hattab, 21 Jahre, Sohn des Oberrabbiners von Tunis
Philippe Braham, ca. 40 Jahre,
Yohan Cohen, 22 Jahre,
Francois-Michel Saada, ca. 60 Jahre

ALLE SIND CHARLIE, KEINER IST JUDE!

In Frankreich erfolgten eindeutige Erklärungen der Politik und Zivilgesellschaft. Die jüdische Gemeinde stellt sich die Frage wieso es in Österreich bei einer so wesentlichen Veranstaltung, die wir vollinhaltlich mit unserer Teilnahme als Veranstalter unterstützt haben, nicht möglich ist eine klare Aussage und Solidarität der Bundesregierung zu erhalten?

Oskar Deutsch
Präsident
Israelitische Kultusgemeinde - Israelitische Religionsgesellschaft

Davidsstern mit dem Solidaritäts-Hashtag #JeSuisJuif



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