Pfarrer K. spricht lieber über sich

10. Jänner 2015 in Deutschland


Missbrauchsprozess beginnt ohne ein umfängliches Geständnis. Von Sabine Kleyboldt (KNA)


Krefeld (kath.net/KNA) Diese Bitte bleibt wohl unerfüllt: «Wir hoffen, dass Pfarrer K. durch ein umfängliches Geständnis für ein zügiges Verfahren sorgt und auch vor Gericht zu seiner Selbstanzeige stehen und Verantwortung für seine Taten übernehmen wird», erklärt das Bistum Aachen am Freitag. Doch jener «Pfarrer K.», der sich jetzt wegen sexuellen Missbrauchs an Schutzbefohlenen vor dem Landgericht Krefeld verantworten muss, schweigt sich derzeit aus.

Statt zu den Vorwürfen - rund 25 Fälle an zwei Jungen aus den Jahren 2001 bis 2006 - lässt sich der 56-Jährige ausführlich über seine in Südafrika erlittenen Schikanen im Zusammenhang mit einem dortigen Verfahren ein - ebenfalls wegen sexuellen Missbrauchs. Dieses wurde jedoch eingestellt, so dass der Ball jetzt beim Landgericht Krefeld liegt. Bis zur voraussichtlichen Urteilsverkündung am 6. Februar steht dem Gericht ein unappetitlicher Prozess bevor - zumal es sich auch noch um einen ehemaligen Priester handelt.

Georg K. betritt gegen neun Uhr den Gerichtssaal. Ein blasser, mittelgroßer, kahlköpfiger Mann in braunem Jackett, weißem Hemd, dunkler Krawatte und Hose, hinter den Brillengläsern tiefliegende Augen. Seine mutmaßlichen Opfer, zwei heute 24 und 21 Jahre junge Männer, sitzen ihm nur wenige Meter gegenüber. Eingangs hat Richter Herbert Luczak die zahlreichen Medienvertreter gebeten, der Öffentlichkeit zum Schutz der Geschädigten möglichst wenig über Identität und Tatvorwürfe preiszugeben.

Die von Staatsanwältin Sabine Grüter vorgetragenen Anklagepunkte lässt K. fast reglos über sich ergehen. Vom gemeinsamen Duschen und von Saunagängen des damaligen Gemeindepfarrers mit den Opfern ist da die Rede, von Massagen, vermeintlich harmlosen Berührungen bis hin zum Beischlaf. Auch soll der Angeklagte mindestens dreimal mit den Jungen Marihuana geraucht oder Alkohol konsumiert haben.

Anschließend berichtet K. mit ruhiger Stimme, dass seine Eltern eine Bäckerei hatten, er selbst Konditor lernte, dann das Abitur nachholte und schließlich 1990 zum Priester geweiht wurde. Nach mehreren Pfarrstellen am Niederrhein habe er Neues kennenlernen wollen. Für drei Jahre sei er im März 2007 für die Auslandsseelsorge in Südafrika freigestellt worden.

Hier kommt der Angeklagte auf ein Ereignis in der Ferne zu sprechen, das auch die Ermittlungen in Deutschland ins Rollen brachte: ein Camp mit Kommunionkindern, «woraus sich die Vorwürfe ergaben, die Südafrika betrafen», sagt K. vage. Die Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs in Johannesburg lässt er ebenso unerwähnt wie die Ermittlungen der deutschen Behörden in seiner Heimat, wo man auf die Vorwürfe rund um die beiden Jungen stieß. Die Staatsanwaltschaft Krefeld erwirkte 2011 einen internationalen Haftbefehl gegen K. Am 10. Juni 2014 wurde schließlich in Südafrika das Verfahren eingestellt und damit eine Auslieferung nach Deutschland ermöglicht.

K. spricht aber lieber über die Schikanen gegen ihn in Afrika: Über geplatzte Prozesstermine, Nächte mit 100 Leuten in einer Gefängniszelle, seine Ansteckung mit Hepatitis B und den Transport nach Deutschland durch Interpol, wo er sich seit 30. Juli nach medizinischer Behandlung in Untersuchungshaft befindet. Im Fall einer Verurteilung droht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.

Anders als vom Bistum Aachen erhofft, endet der erste Prozesstag für die Öffentlichkeit nach rund 70 Minuten nicht mit einem ausführlichen Geständnis. Stattdessen schließt der Richter Medien und Publikum auf Antrag des Nebenklage-Anwalt Martin Hoffmann aus: Dies soll dem Persönlichkeitsschutz der beiden Opfer dienen, die als Zeugen aussagen.

Ob K. sich in den vier Verhandlungstagen über seine Selbstanzeige von 2010 hinaus äußern wird, ist nicht absehbar. Damals hatte er die in Deutschland zur Anzeige gebrachten Missbrauchs-Straftaten als «in vielen Fällen richtig» bezeichnet. «Ich bekenne mich deswegen im Prinzip schuldig und erstatte Selbstanzeige», erklärte K. vor viereinhalb Jahren. «Ich habe den Opfern und ihren Familien Schmerzen zugefügt. Das tut mir aufrichtig Leid.» Den Opfern dürfte das nicht ausreichen.

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