Ein Konzernchef preist die Demut

15. Dezember 2014 in Chronik


ThyssenKrupp-Vorstandsvorsitzender predigt in Duisburg


Duisburg (kath.net/idea) Zum christlichen Glauben gehört das Wissen um die eigenen Grenzen und die eigene Unvollkommenheit. Das sagte der evangelische Vorstandsvorsitzende der ThyssenKrupp AG, Heinrich Hiesinger (Essen), laut Redemanuskript bei einem ökumenischen Gottesdienst vor einer Woche in Duisburg vor rund 1.000 Teilnehmern. Der Stahl- und Technologiekonzern hat rund 160.000 Mitarbeiter in 80 Ländern und machte im Geschäftsjahr 2013/2014 einen Umsatz von 41,3 Milliarden Euro.

Der 54-Jährige erzählte, dass er mit fünf Geschwistern auf einem Bauernhof groß geworden sei. Dort habe er diese Grenzen kennengelernt. Man könne beispielsweise das Feld bestellen und alles für die Ernte vorbereiten, doch bei schlechtem Wetter verderbe sie: „Diese Demut rückt die Dinge des Alltags oftmals in die richtige Perspektive. Denn Demut führt zu Achtung – vor der Schöpfung, vor unseren Mitmenschen und vor Gott.“

Seine Familie sei von tiefem Gottvertrauen geprägt: „Dieser Glaube gibt mir bis heute Mut und Zuversicht. Das christliche Menschenbild ist für mich Kompass und weist mir in schwierigen Situationen den Weg.“ Vertrauen bedeute nicht, die Hände in den Schoß zu legen, sondern stehe für Handeln. Hiesinger zitierte 1. Mose 2,15 („Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaue und bewahre“) und sagte: „Dieser Auftrag gilt überall, für jeden von uns, auch in der Wirtschaft.“ Christen dürften dabei auf Gottes Güte vertrauen. Die Verantwortung für ihr Handeln trügen sie aber selbst.

Gemeinsam fühlen und handeln

Über seine Entscheidung vor rund drei Jahren, den traditionsreichen Geschäftsbereich Edelstahl zu verkaufen, sagte der Vorstandsvorsitzende: „Es war damals richtig und verantwortlich, sich von einem Teil zu trennen, um etwas Größeres zu bewahren.“ Das Edelstahlgeschäft habe in den vergangenen zehn Jahren keinen Gewinn gemacht. Er verwies auf 1. Korinther 12,26 („Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit“). Paulus habe gefordert, gemeinsam zu fühlen und zu handeln: „Wir sind aufeinander angewiesen. Das gilt für alle Menschen und damit eben auch für Unternehmen.“ Langfristig könne ThyssenKrupp keine Geschäfte betreiben, die nicht wettbewerbsfähig seien. Für die betroffenen Mitarbeiter sei dies schmerzhaft gewesen.

Werteorientiertes Verhalten muss vorgelebt werden

Ferner sagte Hiesinger, dass es Vorrecht und Bürde sei, gestalten zu dürfen: „Wer das vergisst, ist für Führungsaufgaben jeglicher Art fehl am Platz – ob in der Politik, in der Wirtschaft oder in der Kirche.“ Er hinterfrage sich regelmäßig: „Routine oder gar Selbstgerechtigkeit darf es da nicht geben.“ Er wolle ein Vorbild an Offenheit und Ehrlichkeit sein. Das bedeute auch, eigene Fehler zu erkennen und zu beheben. Hiesinger: „Ich kann werteorientiertes Verhalten von anderen nur erwarten, wenn ich es vorlebe.“ ThyssenKrupp war 1999 aus der Fusion der Friedrich Krupp AG Hoesch-Krupp mit der Thyssen AG entstanden.

Foto Hiesinger © ThyssenKrupp AG


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