Mediziner: Jeder kann schmerzfrei sterben!

11. November 2014 in Aktuelles


Vorsitzender des Hospizverbandes, Hardinghaus, fordert Suizidprävention statt Sterbehilfe - Er warnt außerdem vor finanziellen Argumenten für eine Erleichterung der Suizidbeihilfe


Würzburg (kath.net/KNA) Der Osnabrücker Mediziner Winfried Hardinghaus erhofft sich ein strafrechtliches Verbot jeder Form organisierter Beihilfe zur Selbsttötung. Es müsse außerdem alles vermieden werden, das die Suizidbeihilfe «zu einer regelhaften, normalen oder üblichen ärztlichen Maßnahme werden ließe», sagte Hardinghaus der «Tagespost» (Dienstag) in Würzburg. Der Vorsitzende des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes (DHPV) äußerte sich mit Blick auf die «Orientierungsdebatte» zu diesem Thema am Donnerstag im Bundestag. Er forderte auch ein Verbot der Werbung für Suizidbeihilfe.

«Wir können heute jeden Menschen unspektakulär schmerzfrei und würdevoll sterben lassen», betonte Hardinghaus. Leidvolles Leben sei zudem nicht zwangsläufig menschenunwürdig. Würde werde in der aktuellen Debatte zu oft ausschließlich mit Selbstbestimmung gleichgesetzt. Nötig sei eine gesellschaftliche Kultur «der Wertschätzung des Lebens auch unter den Bedingungen von Pflege, schwerer Krankheit und Demenz». Dazu müsse die Palliativpflege zu einem Angebot der Regelversorgung in Kliniken, Heimen und zuhause werden.

Der Mediziner wies auf die insgesamt rückläufige Zahl der Selbsttötungen in Deutschland hin. Gegen diesen Trend nähmen sie jedoch unter alten Menschen deutlich zu. «Zugrunde liegt fast immer die Angst vor Schmerzen, körperlichen Leiden, Alleinsein oder vor dem zur Last fallen», sagte Hardinghaus. Genau hier müsse Suizidprävention ansetzen.

Hardinghaus warnte außerdem vor finanziellen Argumenten für eine Erleichterung der Suizidbeihilfe. «Von dieser Motivation zur Entlastung des Gesundheitssystems sind wir gar nicht so weit entfernt», meinte er. In der Schweiz legitimiere die Akademie der Wissenschaften die Sterbehilfe bereits mit der demographischen Entwicklung. Mit den älteren Menschen seien auch die Gesundheitskosten überproportional gestiegen.

Vergangene Woche hatte auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), Lukas Radbruch, erklärt, es gebe «keine Situation, in der die Palliativmedizin nichts mehr anzubieten hat».

Bei den allermeisten schwerkranken Patientinnen und Patienten ließen sich mit einfachen palliativmedizinischen Strategien belastende Krankheitssymptome wie Schmerzen, Luftnot, Übelkeit oder Angst wie auch psychosoziale Belastungen weitestgehend lindern. Selbst in Grenzsituationen stünden Handlungsoptionen zur Verfügung. «Den sehr wenigen Patienten, bei denen keine ausreichende Symptomlinderung erreicht werden kann, bleibt die Palliative Sedierung als Option, um unerträgliches Leid zu lindern», so der Arzt und Wissenschaftler. Der überwachte Einsatz von Medikamenten diene dem Ziel, das Bewusstsein zu reduzieren oder auszuschalten, um so die Belastung durch unerträgliches und durch keine anderen Mittel beherrschbares Leiden zu lindern. «Dies sollte erst dann in Erwägung gezogen werden, wenn alle anderen therapeutischen Maßnahmen versagt hätten.»

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