Nuntius: Hirten fördern das Beichtsakrament und beichten auch selbst

5. November 2014 in Aktuelles


Nuntius in Österreich, Erzbischof Zurbriggen, erinnert Österreichische Bischofskonferenz an Erneuerung des Beichtsakramentes, sowohl für die Hirten in ihrer eigenen Spiritualität wie auch für die Gläubigen


Wien (kath.net/pl) Die Wichtigkeit des Empfangs der Beichte betonte der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen (Foto), in seiner Predigt bei der Festmesse bei der Vollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz im Wiener Stephansdom: „Auch der Heilige Vater Papst Franziskus hat Euch, liebe Mitbrüder im bischöflichen Dienst, in seiner Ansprache am Ende Eures [Ad-limina-]Besuches ermutigt und gesagt, ‚daß wir um unsere eigene Reinigung – im Sakrament der Versöhnung – stets bemüht sein sollten. Die Beichte ist der Ort, wo wir Gottes barmherzige Liebe erfahren und Christus begegnen, der uns die Kraft zur Umkehr und zum neuen Leben gibt‘ (Papst Franziskus: Ansprache vom 30.01.2014). Zuerst hat uns der Heilige Vater also darauf hingewiesen, daß wir Bischöfe uns um unsere eigene Reinigung im Sakrament der Beichte bemühen müssen. Erst danach sagt er: „‘Und wir wollen als Hirten der Kirche den Gläubigen beim Wiederfinden dieses wunderbaren Sakramentes einfühlsam und verständnisvoll zur Seite stehen und ihnen gerade in dieser Gabe die Liebe des Guten Hirten spüren lassen. So bitte ich Euch, werdet nicht müde, die Menschen zur Begegnung mit Christus im Sakrament der Buße und der Versöhnung einzuladen‘.“ Der Messe stand der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn vor, u.a. nahm auch Außenminister Sebastian Kurz daran teil.

Außerdem ging Zurbriggen ausführlich auf die Hauptpunkte der Kirchenreform durch den hl. Karl Borromäus ein. Der Nuntius erinnerte: Karl Borromäus war sich in einer ähnlichen kirchlichen Situation wie heute „bewußt, daß eine ernsthafte und glaubwürdige Reform gerade bei den Hirten ansetzen mußte, damit sie sich dauerhaft zum Wohl des Volkes Gottes auswirkt“.

Weiters betonte der Nuntius, dass Familien „unsere volle Unterstützung“ brauchen. „Die Sorge der Kirche um die Familie beginnt mit einer rechten Vorbereitung und Begleitung der Eheleute wie auch mit der getreuen und klaren Darlegung der katholischen Lehre zu Ehe und Familie.“

kath.net dokumentiert die Predigt des Apostolischen Nuntius Erzbischof Dr. Peter Stephan Zurbriggen in der Hl. Messe für die Österreichische Bischofskonferenz im Dom zu St. Stephan, Wien am 4.11.2014 in voller Länge:
(Fest des hl. Karl Borromäus, Dienstag, 4. November, 18 Uhr, Texte vom Tag: Lsg.: Phil 2,5-11; Ev.: Lk 14,15-24, Orationen vom Fest)

Eminenz! Hochwürdigster Herr Kardinal!
Verehrte Mitbrüder im bischöflichen, priesterlichen und diakonalen Dienst!
Geschätzte Vertreter der weltlichen Behörden!
Liebe Ordenschristen!
Liebe Studenten und Jugendliche!
Liebe Familien!
Meine Brüder und Schwestern im Herrn!

Gerne habe ich die Einladung des Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, Seiner Eminenz Kardinal Christoph Schönborn, angenommen, heute Abend bei dieser feierlichen hl. Messe der Österreichischen Bischofskonferenz, die zur Zeit ihre Herbstplenaria in Wien abhält, zu predigen. Als Apostolischer Nuntius benutze ich gerne diese Gelegenheit um, im Namen von uns allen, jedem einzelnen österreichischen Bischof für seinen wichtigen Hirtendienst für das Heil der Menschen an seinem jeweiligen Ort sehr herzlich zu danken. Wie Sie sicher wissen, haben die kollegialen Beratungen der jeweiligen Ortsbischöfe die Aufgabe, daß – wie es das II. Vatikanum in seinem Dekret Christus Dominus über den Hirtendienst der Bischöfe ausdrückt – „ein heiliges Zusammenwirken der Kräfte zum gemeinsamen Wohl der Kirchen zustande kommt“ (II. Vatikanisches Konzil: Christus Dominus, 37). Es geht in den Beratungen der Bischofskonferenz besonders darum „Formen und Methoden des Apostolates, die auf die gegebenen Zeitumstände in geeigneter Weise abgestimmt sind“ zu fördern (II. Vatikanisches Konzil: Christus Dominus, 38 § 1). Genau darum ging es auch dem hl. Karl Borromäus, dem großen Reformbischof von Mailand, dessen Fest die Kirche heute feierlich begeht. In schwierigen Zeiten, die den heutigen gar nicht so unähnlich waren, hat er das kirchliche Leben exemplarisch erneuert.

Vom Aufbau der Kirche und der eigenen Frömmigkeit.

Ende Jänner diesen Jahres konntet Ihr, liebe Mitbrüder im Bischofsamt, den Heiligen Vater Papst Franziskus im Rahmen Eures Besuches „ad limina apostolorum“ in Rom besuchen. In seiner Ansprache hat er die nicht immer einfache kirchliche Situation in Österreich angesprochen, die – wie in anderen Ländern auch – von einem rückläufigen Trend in vielen kirchlichen Bereichen gekennzeichnet ist. Eine ähnliche Situation hat auch schon Karl Borromäus, der nach dem hl. Ambrosius zweite große Bischof von Mailand, vorgefunden. Er war sich bewußt, daß eine ernsthafte und glaubwürdige Reform gerade bei den Hirten ansetzen mußte, damit sie sich dauerhaft zum Wohl des Volkes Gottes auswirkt. So ging Karl Borromäus von seinem eigenen Leben aus, um eine tiefgreifende Reform der Kirche herbeizuführen. Er sagt uns in der Brevier-Lesung an seinem Festtag: „Du kannst kein guter Diener für die anderen sein, wenn du deine Seele vernachlässigst“ (zit. nach Benedikt XVI.: Begegnung des Heiligen Vaters mit dem Römischen Klerus, 10.03.2011). Und auf Wunsch des jungen Karl Borromäus schrieb der Erzbischof von Braga ein Büchlein über die Pflichten eines Bischofs. Darin heißt es: „Du beklagst dich, das Hirtenamt sei ein Hindernis deiner Frömmigkeit? Es ist in Wirklichkeit nichts anderes als die ständige Übung der höchsten Tugenden: der Liebe, der Gerechtigkeit und des Erbarmens.“ Diese Worte ließ sich der Heilige sagen und sie können für uns, die wir die Hirtenaufgabe in der Kirche ausüben, wegweisend sein (cfr. Schott Meßbuch, Einführung zum 4. November).

Die eigene Reinigung – die Begegnung mit Christus im Sakrament der Buße

Auch der Heilige Vater Papst Franziskus hat Euch, liebe Mitbrüder im bischöflichen Dienst, in seiner Ansprache am Ende Eures Besuches ermutigt und gesagt, „daß wir um unsere eigene Reinigung – im Sakrament der Versöhnung – stets bemüht sein sollten. Die Beichte ist der Ort, wo wir Gottes barmherzige Liebe erfahren und Christus begegnen, der uns die Kraft zur Umkehr und zum neuen Leben gibt“ (Papst Franziskus: Ansprache vom 30.01.2014). Zuerst hat uns der Heilige Vater also darauf hingewiesen, daß wir Bischöfe uns um unsere eigene Reinigung im Sakrament der Beichte bemühen müssen. Erst danach sagt er: „Und wir wollen als Hirten der Kirche den Gläubigen beim Wiederfinden dieses wunderbaren Sakramentes einfühlsam und verständnisvoll zur Seite stehen und ihnen gerade in dieser Gabe die Liebe des Guten Hirten spüren lassen. So bitte ich Euch, werdet nicht müde, die Menschen zur Begegnung mit Christus im Sakrament der Buße und der Versöhnung einzuladen“ (Papst Franziskus: Ansprache vom 30.01.2014).

Während meiner Zeit als Apostolischer Nuntius in Litauen hat mich der Heilige Vater zugleich auch für einige Jahre zum Apostolischen Administrator „ad nutum Sanctae Sedis“ von Estland ernannt. In diesen Jahren durfte ich, wie auch Sie, liebe Mitbrüder, neben meiner Tätigkeit als Nuntius auch die Ortskirche von Estland leiten. In diesen schönen und erfüllenden Jahren habe ich u.a. auch versucht, das Bußsakrament zu fördern und neu zu beleben. Gleich zu Beginn habe ich mit meinen Mitarbeitern an der Herausgabe eines Gebets- und Gesangbuches für Estland gearbeitet. U.a. habe ich mich sehr dafür eingesetzt, daß dieses auch ansprechende Beichthilfen für die Gläubigen enthält. Leider war mein fast vierjähriger Hirtendienst zu kurz, um schon angedachte Beichtaktionen im Advent und in der Fastenzeit zu fördern. Ich freue mich darum ganz besonders, daß hier in der Bundeshauptstadt Wien der Stephansdom eine Kirche ist, in der man von früh bis spät – von 7 bis 22 Uhr – beichten gehen kann und viele Gläubige diesen Dienst auch gerne in Anspruch nehmen.

Karl Borromäus und sein Reformprogramm

Zu jeder Zeit wird eines der dringendsten Erfordernisse der Kirche sein, daß jedes ihrer Mitglieder sich zu Gott bekehrt. Wir wollen am heutigen Tag fragen, wie es Karl Borromäus gelungen ist, seine Diözese so nachhaltig zu reformieren. Papst Benedikt XVI. hat in seinem Schreiben anläßlich des 400. Jahrestages der Heiligsprechung dieses großen Bischofs von Mailand sehr scharf analysiert, wie der Bischof damals vorgegangen ist: „Bei diesem reformierenden Wirken wußte er aus den traditionellen und immer lebendigen Quellen der Heiligkeit der katholischen Kirche zu schöpfen:

• die Zentralität der Eucharistie, in der die anbetungswürdige Gegenwart Jesu, des Herrn, und seines Liebesopfers für unsere Erlösung erkannte und darbot;
• die Spiritualität des Kreuzes, als erneuernde Kraft, die die tägliche Ausübung der dem Evangelium gemäßen Tugenden anzuregen vermag;
• der häufige Empfang der Sakramente, in denen glaubend das Handeln Christi selbst empfangen wird, der seine Kirche erlöst und läutert;
• das Wort Gottes, das der Tradition folgend gelesen, interpretiert und beachtet wird;
• die Liebe zum Papst und seine Verehrung, in breitem und kindhaftem Gehorsam gegenüber seinen Anweisungen, als Garantie der wahren und vollen kirchlichen Gemeinschaft“

(Papst Benedikt XVI.: Brief vom 1.11.2010, 1). Mir scheinen diese fünf Punkte essentiell für die von Karl Borromäus vorgelebte Reform zu sein. Auch in unserer Zeit, davon bin ich überzeugt, kann dieses „5-Punkte-Programm“ eine besonders wertvolle Hilfe zur Erneuerung des Glaubens in der Diözese sein. Dabei kommen mir die Worte aus dem heutigen Evangelium in den Sinn: „Kommt, es steht alles bereit“ (Lk 14,15-24). Auch wir sagen oft zu den Menschen: „Kommt, es steht alles bereit“. Jedoch nehmen die Menschen die Einladung der Kirche nicht immer an. Es ist tröstlich, daß es dem Hausherrn damals ähnlich ergangen ist wie uns heute. Wir können und müssen aber von ihm lernen, daß der Hausherr nicht aufgibt, daß wir nie aufgeben sollen, die frohe Botschaft Gottes zu verkünden.

„Die Familie ist also ein vorrangiger Ort der Evangelisierung.“

Fangen wir bei den Familie an! Papst Franziskus hat in seiner Ansprache anläßlich Eures Besuches im Jänner diesen Jahres in Rom gesagt: „Die Familie ist also ein vorrangiger Ort der Evangelisierung und der lebendigen Weitergabe des Glaubens. Tun wir alles, damit in unseren Familien gebetet wird, der Glaube als Teil des täglichen Lebens erfahren und weitergegeben wird“ (Papst Franziskus: Ansprache vom 30.01.2014). Auch die außerordentliche Bischofssynode zur Familie, die vor ungefähr zwei Wochen zu Ende gegangen ist, hatte dieses wichtige Thema aufgegriffen. Die Familien brauchen unsere volle Unterstützung. Deshalb wird es wichtig sein, sie verstärkt als Ort der Evangelisierung in den Blick zu nehmen, wie es Papst Franziskus aufgezeigt hat. In seiner schon mehrfach zitierten Ansprache gibt er dazu konkrete Impulse: „Die Sorge der Kirche um die Familie beginnt mit einer rechten Vorbereitung und Begleitung der Eheleute wie auch mit der getreuen und klaren Darlegung der katholischen Lehre zu Ehe und Familie. Als Sakrament ist die Ehe Geschenk Gottes und Auftrag zugleich. Die Liebe zweier Brautleute wird durch Christus geheiligt, und die Partner sind dazu aufgerufen, diese Heiligkeit durch ihre Treue zueinander zu bezeugen und zu pflegen“ (Papst Franziskus: Ansprache vom 30.01.2014). Man kann sich nur wünschen, daß alle Familien und Brautleute eine solche aufmerksame Zuwendung der Kirche, v.a. der Bischöfe und Priester, erhalten und erfahren dürfen!

Liebe Bischöfe! Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Am Ende meiner Predigt möchte ich Euch noch einen Gedanken mit auf den Weg geben, auf den ich beim Lesen der Schriften des hl. Papstes Johannes XXIII. gestoßen bin. In seiner Allocutio an die Fastenprediger und die römischen Pfarrer erwähnt Papst Johannes XXIII. die Zeichen, die den guten Hirten auszeichnen. Und er zitiert den hl. Bernhardin von Siena, den berühmten Prediger des Heiligsten Namens Jesu aus dem 15. Jahrhundert. In der Sprache seiner Zeit formuliert der hl. Bernhardin originell 4 Forderungen die den guten Hirten auszeichnen sollen:
1. Panis in pera: das Brot im Ranzen zu haben, bedeutet die Predigt im Gedächtnis zu haben.
2. Canis in fune: Den Hund an der Leine zu führen, meint der Eifer soll sich mit Maß verbinden.
3. Baculus cum vìrga: Der Stab mit dem Stock meint die Autorität, die mit Würde und mit diskreter Zurechtweisung ausgeübt werden soll.
4. Cornu cum fistula: Das Horn mit der Fistula steht für die Furcht vor dem göttlichen Gericht und die Hoffnung auf die göttliche Barmherzigkeit
(cfr. Bernhardin von Siena: Sermones, Dominica secunda post Pascha, art. II, cap. III. bzw. hl. Papst Johannes XXIII.: Allocutio vom 19.02.1960, II).

Bitten wir die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria, die Magna Mater Austriae, daß wir Bischöfe, als gute Hirten, diesem Ideal immer mehr entsprechen können. Darum bitten wir Euch alle für uns zu beten. Vergelt’s Gott!

Gelobt sei Jesus Christus. In Ewigkeit. Amen.

kath.net dankt S.E. Nuntius Erzbischof Zurbriggen für die freundliche Erlaubnis, diese Predigt in voller Länge zu veröffentlichen.

Ein Papst geht zur Beichte


Foto Nuntius Zurbriggen: (c) Erzdiözese Wien


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