Jeder antwortet in seiner Weise auf den Tod anderer

3. November 2014 in Österreich


Auch da gibt es richtige und falsche Verhaltensweisen, abhängig vor allem vom Glauben oder eben Unglauben. kath.net-Klartext von Bischof Andreas Laun


Salzburg (kath.net) Es gibt kein Volk, das nicht in der einen oder anderen Form einen Totenkult entwickelt hätte, eine Art und Weise gefunden hätte, mit dem Tod umzugehen. Das gilt auch für einzelne Menschen. Jeder stirbt seinen Tod, jeder antwortet in seiner Weise auf den Tod anderer, vor allem geliebter Menschen.

Aber auch da gibt es eine richtige und mehrere falsche Verhaltensweisen, abhängig vor allem vom Glauben oder eben Unglauben. Dem Ungläubigen bleibt eigentlich nur die Verzweiflung und Resignation, im Licht des Glaubens wirklich richtig ist letztlich nur die Annahme des Todes, verstanden als Heimgehen zu Gott, als der eigene Abschied oder das Gehenlassen des Anderen.

In Bezug auf das Sterben eines anderen Menschen begegnet manchmal auch die Reaktion der Trauer, die die Form eines ungebrochenen Protestes gegen Gottes Fügung annimmt und dabei den Verstorbenen „glorifiziert“. In zwei Fällen habe ich es erlebt: In einem Fall war es eine Mutter, im Anderen ein Vater, die nur noch von dem einen, früh verstorbenen Kind sprachen, das angeblich das einzig Begabte, Gute, Großartige war. In beiden Fällen schienen die anderen Kinder nur noch „zweite Wahl“ zu sein und wurden demensprechend links liegen gelassen.

Vielleicht hat der biblische Autor auch solche Erlebnisse vor Augen gehabt, als er von der richtigen Trauer und dem dazugehörigen Loslassen sprach. An dieser wohl selten gehörten Stelle im Buch Sirach (38,16-24) heißt es nämlich: „Mein Sohn, um den Toten lass Tränen fließen, trauere, und stimm das Klagelied an! Bestatte seinen Leib, wie es ihm zusteht, verbirg dich nicht bei seinem Hinscheiden! Sei betrübt, mein Sohn, und überlass dich heftiger Klage, halte die Trauer ein, wie es ihm gebührt, einen Tag oder zwei“ und sehr lebensnah im Nachsatz: „der Nachrede wegen!“ Aber dann fährt der Text fort: „Dann tröste dich über den Kummer hinweg! Aus Kummer entsteht Unheil; denn ein trauriges Herz bricht die Kraft. Schlimmer als der Tod ist dauernder Kummer, ein leidvolles Leben ist ein Fluch für das Herz. Lenke deinen Sinn nicht mehr auf den Toten, lass von der Erinnerung an ihn ab, und denk an die Zukunft! Denk nicht mehr an ihn, was kannst du ihm nützen? Dir aber schadest du. Denk daran, daß seine Bestimmung auch deine Bestimmung ist: Gestern er und heute du. Wie der Tote ruht, ruhe auch die Erinnerung an ihn, tröste dich, wenn sein Leben erloschen ist.“

Man könnte sagen, dies sei zu nüchtern, zu wenig gefühlvoll? Nein, denk an die Zukunft, das Leben geht weiter! Ist es nicht bedeutsam und hilfreich für Menschen, die sich schwer tun, ihre Toten und Sterbenden loszulassen, so aus der Trauer ins Leben zurückgerufen zu werden? Erfahrene Krankenschwestern erzählen, sie hätten schon oft erlebt, dass ein alter Mensch nicht sterben konnte, solange ein Angehöriger im Raum ist und sie sozusagen nicht gehen lässt. Von Papst Johannes Paul II. hörte man, er habe ganz am Ende geflüstert: „Laßt mich heim zum Vater gehen!“

Gott will, das sagt uns der Text, dass wir in der Zuversicht des Glaubens auch Abschied nehmen müssen von unseren Sterbenden oder auch schon Toten wie am Bahnhof von einem lieben Menschen, wohl wissend, dass wir mit einem der nächsten Züge „nachkommen werden“, auch wenn unser Fahrplan noch nicht auf der Tafel angezeigt ist!

Zum Bedenken unseres christlichen Umgangs mit dem Sterben gehört auch ganz wichtig der so tröstliche Gedanke an das Fegefeuer! In vielen Gebeten und Predigten wird das heutzutage praktisch ganz ausgeklammert. Zwar setzt man es im Beten für die Toten logisch voraus, weil man für die Heiligen im Himmel nicht mehr betet. Wenn alle, die sterben, Heilige wären und also ohnehin sofort bei Gott sind, bräuchten wir nicht mehr für sie zu beten. Aber ohne zu „urteilen“ sind wir doch wohl zu Recht überzeugt: Die meisten Menschen sterben in einem Zustand, in dem sie der Läuterung bedürfen. Das Fegefeuer ist nicht nur keine „Drohbotschaft“, sondern Botschaft von der Liebe Gottes zu allen „mittleren“ Christen und Menschen, also zu mir und wohl den meisten meiner Leser. Fegefeuer heißt: Auch für die, die noch nicht ganz bereit sind für Gott, hat Gott noch eine „Lösung“ bereit! Übrigens kann man das noch besser am Ende der Hoffnungs-Enzyklika von Papst Benedikt XVI. nachlesen.

kath.net-Buchtipp
Klartext III
Dialog mit dem Zeitgeist
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2014 Dip3 Bildungsservice Gmbh
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