Der Papst und der Abgrund

29. Oktober 2014 in Weltkirche


Gott wird es nicht zulassen, dass die Kirche Irrtümern verfällt. Kirchentreue Katholiken könnten dabei eine Rolle spielen, schreibt der Kolumnist Ross Douthat in der New York Times.


Vatikan/New York (kath.net/jg)
Die außerordentliche Bischofssynode zur Familie werfe auch einige Schlaglichter auf das päpstliche Lehramt, schreibt der katholische Kolumnist Ross Douthat in der New York Times. Der Papst sei nur unter genau bestimmten Voraussetzungen unfehlbar. Die Unfehlbarkeit sei außerdem durch die geltende Lehre begrenzt. Kein Papst könne diese aufheben oder ihr widersprechen, ohne damit die Autorität seines Amtes und seiner Entscheidungen zu beschädigen.

Die katholische Kirche sei Anfang des 16. Jahrhunderts bereit gewesen, das Königreich England und in der Folge die gesamte englischsprachige Welt zu verlieren, weil sie darauf bestanden habe, dass eine zweite Ehe Ehebruch bedeute, wenn eine gültige Ehe bestehe. Wenn die Kirche diese Position ändern würde, sei das keine Entwicklung der Lehre, sondern ein Widerspruch und eine Kehrtwendung.

Diese Kehrtwende würde die Kirche an den Rand eines Abgrundes bringen, ist Douthat überzeugt. Einige progressive Katholiken und die säkularen Medien würden diesen Schritt zwar begrüßen. Viele Bischöfe und Theologen würden sich aber in einer unhaltbaren Position wiederfinden. Die kirchentreuen Katholiken wären tief verunsichert, was im schlimmsten Fall sogar zu einem Schisma führen könnte.

Die kirchentreuen Katholiken seien zwar eine Minderheit unter den Katholiken des Westens. Sie seien es aber, die am meisten Leben in die Kirche gebracht hätten. Sie seien es gewesen, die sich engagiert hätten, als die Kirche von Skandalen geschüttelt worden sei, die sich bemüht hätten, den anspruchsvollen Geboten entsprechend zu leben. Aus diesen Kreisen kämen viele Berufungen.

Der Papst hätte also genügend Gründe, vom Abgrund wieder einen Schritt zurück zu machen. Anzeichen dafür seien in seiner Ansprache zum Abschluss der Synode zu erkennen, fährt Douthat fort. Sollte er sich aber für den „gefährlicheren Weg“ entscheiden, müssten die lehramtstreuen Katholiken die Situation richtig einschätzen. Sie könnten sich darauf verlassen, dass Gott die Kirche vor Irrtümern bewahren werde. Sie könnten aber auch erkennen, dass sie in dieser Auseinandersetzung eine Aufgabe hätten und der Papst nur vor einem Fehler bewahrt werden könnte, wenn die Kirche selbst ihm widerspreche, schreibt Douthat abschließend.


Link zum Artikel von Ross Douthat (englisch):
www.nytimes.com/2014/10/26/opinion/sunday/ross-douthat-the-pope-and-the-precipice.html?_r=2


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