Der Christ ist keine isolierte Insel, sondern Mensch der Hoffnung

21. Oktober 2014 in Aktuelles


Franziskus-Perle des Tages: Jesus ist gekommen, um uns die Zugehörigkeit zu einem Volk, unsere Identität zu geben. Erwarte ich das Kommen Jesu? Der egoistische Heide tut so, als sei er Gott: ‚Ich schaffe das allein’. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Menschen, die zu warten wissen und in der Erwartung eine feste Hoffnung pflegen: so sind die Christen, ein Volk geeint von Jesus Christus über jede Feindseligkeit hinaus, dem er dient und einen Namen gegeben hat. Papst Franziskus ging in seiner Predigt bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ am Dienstag der 29. Woche im Jahreskreis vom Tagesevangelium aus (Lk 12,35-38) und weitete seinen Blick auf die erste Lesung aus dem Brief an die Epheser (Eph 2,12-22).

Im Evangelium spricht Christus von sich als einem Herrn, der spät in der Nacht von einem Hochzeitsfest zurückkehrt: „Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt!“ (V. 37), Knechte, die ihren Gürtel nicht ablegen und die Lampe brennen lassen sollen (V. 35). Die darauffolgende Szene lässt Jesus sehen, der sich zum Diener seiner Diener macht: „Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen” (V. 37).

Der Papst hob hervor, dass der erste Dienst des Meisters an den Christen darin bestehe, ihnen „die Identität“ zu geben: „Ohne Christus haben wir keine Identität!“. Franziskus erinnerte an die Worte, mit denen sich der heilige Paulus an die Heiden wendet: „Einst wart ihr von Christus getrennt, der Gemeinde Israels fremd und von dem Bund der Verheißung ausgeschlossen; ihr hattet keine Hoffnung und lebtet ohne Gott in der Welt“ (Eph 2,12). Jesus sei daher gekommen, „um uns eine Bürgerschaft zu geben, eine Zugehörigkeit zu einem Volk, Name und Nachname“. Christus habe uns, die wir Feinde ohne Frieden gewesen seien, durch sein Blut geeint und die Mauer der Spaltung niedergerissen, die uns trenne.

„Wir alle wissen“, so Franziskus: „wenn wir mit den Menschen nicht in Frieden sind, dann ist da eine Mauer. Es ist da eine Mauer, die uns trennt. Doch Jesus bietet uns seinen Dienst an, diese Mauer niederzureißen, damit wir einander begegnen können. Und wenn wir getrennt sind, sind wir keine Freunde: wir sind Feinde. Und Jesus hat noch mehr getan, um alle in Gott zu versöhnen. Er hat uns mit Gott versöhnt: aus Feinden werden Freude. Aus Fremden Kinder“.

„Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“, so der Völkerapostel (V. 19). Das sei es, was Jesus mit seinem Kommen geschaffen habe. „Doch unter welcher Bedingung?“, fragte sich der Papst: „Unter der Bedingung, ihn zu erwarten, wie dies die Knechte mit ihrem Herrn getan hatten“:

„Jesus erwarten. Wer Jesus nicht erwartet, verschließt Jesus die Tür, er lässt ihn dieses Werk des Friedens, der Gemeinschaft, der Bürgerschaft nicht verrichten, mehr noch: er lässt ich nicht das Werk des Namens tun. Er gibt uns einen Namen. Er macht uns zu Kindern Gottes. Das ist die Haltung des Wartens auf Jesus, die das Innere der christlichen Hoffung ist. Der Christ ist ein Mann oder eine Frau der Hoffnung. Er weiß, dass der Herr kommen wird. Er wird wirklich kommen, nicht? Wie diese kennen wir die Stunde nicht. Wir kennen die Stunde nicht, doch er wird kommen, er wird kommen, um uns zu besuchen, aber nicht isoliert, als Feinde, nein. Er wird kommen, um uns zu besuchen, wie er uns mit seinem Dienst gemacht hat: als nahestehende Freunde, in Frieden“.

An diesem Punkt stelle sich eine weitere Frage für den Christen: „Wie erwarte ich Jesus? Und vorher noch: erwarte ich ihn oder erwarte ich ihn nicht?“.

„Glaube ich an diese Hoffnung, dass er kommen wird?“, so der Papst abschließend, „Habe ich ein offenes Herz, um das Klopfen zu hören, wenn er an die Tür pocht, wenn sich die Tür öffnet? Der Christ ist ein Mann oder eine Frau, die es verstehen, Jesus zu erwarten, und aus diesem Grund ist er ein Mann oder eine Frau der Hoffnung. Der Heide dagegen – und viele Male verhalten wir Christen uns wie die Heiden – der Heide vergisst Jesus, er denkt an sich selbst, an seine Dinge, er erwartet Jesus nicht. Der egoistische Heide tut so, als sei er Gott: ‚Ich schaffe das allein’. Und das nimmt ein übles Ende, ein Ende ohne Namen, ohne Nähe, ohne Bürgerschaft“.


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