Habt keine Angst vor dem Neuen!

19. Oktober 2014 in Aktuelles


Papst Franziskus spricht Paul VI. selig: Vor einer säkularisierten und feindlichen Gesellschaft steuerte Paul VI. weitblickend und weise – und manchmal einsam – das Schiff Petri, ohne jemals die Freude am Herrn und das Vertrauen auf ihn zu verlieren.


Rom (kath.net/as) Mit einer feierlichen Messe auf dem Petersplatz beschloss Papst Franziskus die außerordentliche Synodenversammlung zum Thema der Familie im Kontext der Evangelisierung und sprach Papst Paul VI. selig. Der Papst trug eine Kasel, die Paul VI. zu seinem 80. Geburtstag geschenkt worden war. Zudem benutzte er einen Kelch, der seinem Vorgänger besonders teuer war. Bei der Reliquie des neuen Seligen handelte es sich um ein blutgetränktes Hemd, das der Papst bei dem Attentat in Manila im Jahr 1970 getragen hatte.

„Während sich eine säkularisierte und feindliche Gesellschaft abzeichnete, hat Paul VI. es verstanden, weitblickend und weise – und manchmal einsam – das Schiff Petri zu steuern, ohne jemals die Freude am Herrn und das Vertrauen auf ihn zu verlieren.“

„Angesichts dieses großen Papstes, dieses mutigen Christen, dieses unermüdlichen Apostels können wir vor Gott heute nur ein ebenso einfaches wie ehrliches und bedeutungsvolles Wort sagen: Danke! Danke, unser lieber und geliebter Papst Paul VI.! Danke für dein demütiges und prophetisches Zeugnis der Liebe zu Christus und seiner Kirche!“

In seiner Predigt ging der Papst vom Tagesevangelium aus (Mt 22, 15-21), das einen der
berühmtesten Sätze des ganzen Evangeliums enthält: Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ (Mt 22,21). Auf die Provokation der Pharisäer, die Jesus sozusagen einer Prüfung in Religion unterzögen und ihn zu einem Fehler verleiten wollten, „antwortet er mit diesem ironischen und genialen Satz. Es ist eine einprägsame Antwort, die der Herr allen gibt, die Gewissensprobleme haben, vor allem wenn ihre Vorteile, ihr Reichtum, ihr Ansehen, ihre Macht und ihr Ruf auf dem Spiel stehen. Und das geschieht in allen Zeiten, von je her“.

Jesus habe keine Angst vor dem Neuen. Darum überrasche er uns ständig, indem er ungeahnte Wege vor uns auftut und uns zu ihnen hinführt: „Er erneuert uns, das heißt er lässt uns ständig ‚neu’ werden. Ein Christ, der das Evangelium lebt, ist ‚die Neuheit Gottes’ in der Kirche und in der Welt. Und Gott liebt diese ‚Neuheit’ sehr!“

„Gott geben, was Gott gehört“, bedeute, sich seinem Willen zu öffnen, ihm unser Leben zu widmen und an seinem Reich der Barmherzigkeit, der Liebe und des Friedens mitzuarbeiten: „Darin liegt unsere wahre Kraft, das Ferment, das sie treibt, und das Salz, das jedem menschlichen Bemühen gegen den vorherrschenden Pessimismus, den die Welt uns vorlegt, Geschmack verleiht. Darin liegt unsere Hoffnung, denn die Hoffnung auf Gott ist keine Realitätsflucht, sie ist kein Alibi: Sie bedeutet, Gott tatkräftig das zurückzugeben, was ihm gehört. Das ist der Grund, warum der Christ auf die zukünftige Wirklichkeit, auf die Wirklichkeit Gottes schaut, um das Leben in Fülle zu leben – mit beiden Beinen auf der Erde – und mutig den unzähligen neuen Herausforderungen zu begegnen“.

Franziskus erinnerte dann an die vergangene Tage der Synode, des „gemeinsamen Unterwegsseins“: „Es war eine bedeutende Erfahrung, in der wir die Synodalität und die Kollegialität gelebt und die Kraft des Heiligen Geistes gespürt haben, der die Kirche immer leitet und erneuert – diese Kirche, die berufen ist, sich ohne Zögern der blutenden Wunden anzunehmen und in vielen Menschen ohne Hoffnung die Hoffnung neu zu entfachen“.

„An diesem Tag der Seligsprechung von Papst Paul VI. kommen mir seine Worte in den Sinn, mit denen er die Bischofssynode errichtete: ‚Die Zeichen der Zeit aufmerksam durchforschend, [suchen wir, ] die Wege und Methoden […] den wachsenden Notwendigkeiten unserer Tage sowie den veränderten Verhältnissen der Gesellschaft anzupassen’ (Apost. Schreiben Motu proprio Apostolica sollicitudo).“

In seinem persönlichen Tagebuch „schrieb der große Steuermann des Konzils am Tag nach der Schließung der Konzilsversammlung: „Vielleicht hat der Herr mich in diesen Dienst gerufen und hält mich darin, nicht etwa weil ich eine Begabung dafür hätte oder damit ich die Kirche regiere und vor ihren gegenwärtigen Schwierigkeiten rette, sondern damit ich etwas für die Kirche leide und es deutlich wird, dass Er und kein anderer sie leitet und sie rettet“ (P. Macchi, Paolo VI nella sua parola, Brescia 2001, S. 120-121) In dieser Demut erstrahle die Größe des seligen Pauls VI.: „Während sich eine säkularisierte und feindliche Gesellschaft abzeichnete, hat er es verstanden, weitblickend und weise – und manchmal einsam – das Schiff Petri zu steuern, ohne jemals die Freude am Herrn und das Vertrauen auf ihn zu verliert“.

„Paul VI. hat es wirklich verstanden, Gott zu geben, was Gott gehört, indem er sein ganzes Leben der »heiligen, gewaltigen und äußerst gewichtigen Aufgabe« widmete, »die Sendung Christi in der Zeit fortzuführen und über die Erde auszudehnen« (Homilie zum Ritus der Papstkrönung: Insegnamenti I, (1963), 26). Er hat die Kirche geliebt und hat sie geleitet, damit sie »zugleich liebevolle Mutter und Ausspenderin des Heils für alle Menschen sei« (Enzyklika Ecclesiam Suam, Prolog).“

kath.net veröffentlicht die Predigt von Papst Franziskus bei der heiligen Messe auf dem Petersplatz zum Abschluss der außerordentlichen Synode zur Familie im Kontext der Evangelisierung und zur Seligsprechung Papst Pauls VI.:

Wir haben eben einen der berühmtesten Sätze des ganzen Evangeliums gehört: »Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! « (Mt 22,21).

Auf die Provokation der Pharisäer, die Jesus sozusagen einer Prüfung in Religion unterziehen und ihn zu einem Fehler verleiten wollten, antwortet er mit diesem ironischen und genialen Satz. Es ist eine einprägsame Antwort, die der Herr allen gibt, die Gewissensprobleme haben, vor allem wenn ihre Vorteile, ihr Reichtum, ihr Ansehen, ihre Macht und ihr Ruf auf dem Spiel stehen. Und das geschieht in allen Zeiten, von je her“.

Die Betonung liegt bei Jesus sicher auf dem zweiten Teil des Satzes: »Und [gebt] Gott, was Gott gehört! « Das bedeutet, gegenüber jeder Art von Macht zu erkennen und zu bekennen, dass Gott allein der Herr des Menschen ist und es keinen anderen gibt. Das ist das ewig Neue, das man täglich wiederentdecken muss, indem man die Furcht überwindet, die uns oft angesichts der Überraschungen Gottes überkommt.

Er hat keine Angst vor dem Neuen! Darum überrascht er uns ständig, indem er ungeahnte Wege vor uns auftut und uns zu ihnen hinführt. Er erneuert uns, das heißt er lässt uns ständig „neu" werden. Ein Christ, der das Evangelium lebt, ist „die Neuheit Gottes" in der Kirche und in der Welt. Und Gott liebt diese „Neuheit" sehr!

„Gott geben, was Gott gehört", bedeutet, sich seinem Willen zu öffnen, ihm unser Leben zu widmen und an seinem Reich der Barmherzigkeit, der Liebe und des Friedens mitzuarbeiten.

Darin liegt unsere wahre Kraft, das Ferment, das sie treibt, und das Salz, das jedem menschlichen Bemühen gegen den vorherrschenden Pessimismus, den die Welt uns vorlegt, Geschmack verleiht. Darin liegt unsere Hoffnung, denn die Hoffnung auf Gott ist keine Realitätsflucht, sie ist kein Alibi: Sie bedeutet, Gott tatkräftig das zurückzugeben, was ihm gehört. Das ist der Grund, warum der Christ auf die zukünftige Wirklichkeit, auf die Wirklichkeit Gottes schaut, um das Leben in Fülle zu leben – mit beiden Beinen auf der Erde – und mutig den unzähligen neuen Herausforderungen zu begegnen.

Das haben wir in diesen Tagen während der außerordentlichen Bischofssynode gesehen – „Synode" bedeutet „gemeinsam unterwegs sein". Und so haben Hirten und Laien aus aller Welt die Stimme ihrer Teilkirchen hier nach Rom gebracht, um den Familien von heute zu helfen, den Weg des Evangeliums zu gehen und dabei auf Jesus zu blicken. Es war eine bedeutende Erfahrung, in der wir die Synodalität und die Kollegialität gelebt und die Kraft des Heiligen Geistes gespürt haben, der die Kirche immer leitet und erneuert – diese Kirche, die berufen ist, sich ohne Zögern der blutenden Wunden anzunehmen und in vielen Menschen ohne Hoffnung die Hoffnung neu zu entfachen.

Angesichts des Geschenkes dieser Synode und des konstruktiven Geistes, den alle beigetragen haben, sage ich mit dem Apostel Paulus: »Wir danken Gott für euch alle, sooft wir in unseren Gebeten an euch denken« (1 Thess 1,2). Und der Heilige Geist, der uns in diesen arbeitsreichen Tagen die Gabe verliehen hat, großherzig in wahrer Freiheit und demütiger Kreativität tätig zu sein, begleite weiterhin den Weg, der uns in den Kirchen der ganzen Erde auf die Ordentliche Bischofssynode im kommenden Oktober 2015 vorbereitet. Wir haben gesät und werden mit Geduld und Ausdauer weiter säen, in der Gewissheit, dass es der Herr ist, der wachsen lässt, was wir gesät haben (vgl. 1 Kor 3,6).

An diesem Tag der Seligsprechung von Papst Paul VI. kommen mir seine Worte in den Sinn, mit denen er die Bischofssynode errichtete: »Die Zeichen der Zeit aufmerksam durchforschend, [suchen wir, ] die Wege und Methoden […] den wachsenden Notwendigkeiten unserer Tage sowie den veränderten Verhältnissen der Gesellschaft anzupassen« (Apost. Schreiben Motu proprio Apostolica sollicitudo).

Angesichts dieses großen Papstes, dieses mutigen Christen, dieses unermüdlichen Apostels können wir vor Gott heute nur ein ebenso einfaches wie ehrliches und bedeutungsvolles Wort sagen: Danke! Danke, unser lieber und geliebter Papst Paul VI.! Danke für dein demütiges und prophetisches Zeugnis der Liebe zu Christus und seiner Kirche!

In seinem persönlichen Tagebuch schrieb der große Steuermann des Konzils am Tag nach der Schließung der Konzilsversammlung: »Vielleicht hat der Herr mich in diesen Dienst gerufen und hält mich darin, nicht etwa weil ich eine Begabung dafür hätte oder damit ich die Kirche regiere und vor ihren gegenwärtigen Schwierigkeiten rette, sondern damit ich etwas für die Kirche leide und es deutlich wird, dass Er und kein anderer sie leitet und sie rettet« (P. Macchi, Paolo VI nella sua parola, Brescia 2001, S. 120-121) In dieser Demut erstrahlt die Größe des seligen Pauls VI. Während sich eine säkularisierte und feindliche Gesellschaft abzeichnete, hat er es verstanden, weitblickend und weise – und manchmal einsam – das Schiff Petri zu steuern, ohne jemals die Freude am Herrn und das Vertrauen auf ihn zu verlieren.

Paul VI. hat es wirklich verstanden, Gott zu geben, was Gott gehört, indem er sein ganzes Leben der »heiligen, gewaltigen und äußerst gewichtigen Aufgabe« widmete, »die Sendung Christi in der Zeit fortzuführen und über die Erde auszudehnen« (Homilie zum Ritus der Papstkrönung: Insegnamenti I, (1963), 26). Er hat die Kirche geliebt und hat sie geleitet, damit sie »zugleich liebevolle Mutter und Ausspenderin des Heils für alle Menschen sei« (Enzyklika Ecclesiam Suam, Prolog).

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