Keine Mehrheit für Gottesbezug in Schleswig-Holsteins Landesverfassung

10. Oktober 2014 in Deutschland


Katholische und evangelische Kirchenleitungen in Schleswig-Holstein reagieren enttäuscht und erwägen eine Volksinitiative.


Kiel (kath.net/idea) Die Kirchen in Schleswig-Holstein reagieren enttäuscht auf die Ablehnung eines Gottesbezuges in der neuen Landesverfassung. Jetzt erwägen sie, eine Volksinitiative für die Aufnahme einer entsprechenden Formulierung in die Präambel zu starten. Der Kieler Landtag hatte am 8. Oktober mit 61 von 66 Stimmen die neue Verfassung verabschiedet, die unter anderem einen stärkeren Minderheitenschutz und mehr Bürgerrechte garantiert. Die Aufnahme eines Gottesbezuges fand jedoch keine Zweidrittelmehrheit. Die von der CDU vorgeschlagene Formulierung „in Verantwortung vor Gott und den Menschen“ erhielt 29 Stimmen; die abgeschwächte Formel „auch in Verantwortung vor Gott, den Menschen und im Bewusstsein des religiösen, philosophischen und humanistischen Erbes“ fand 33 Befürworter. 46 wären erforderlich gewesen. Im Landtag haben CDU und SPD jeweils 22 Sitze, die Grünen zehn, die FDP und die Piraten je sechs sowie der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) drei. Die CDU war geschlossen für den Gottesbezug, bei SPD und Grünen votierten einzelne Abgeordnete dafür, während er bei FDP, Piraten und SSW auf Ablehnung stieß. Neben den großen Kirchen hatten sich auch die jüdischen und muslimischen Religionsgemeinschaften dafür ausgesprochen.

Gegen „Selbstvergottungsträume“

Der Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der „Nordkirche“, Gothart Magaard (Schleswig), bedauerte die Entscheidung: „Es hätte gute Gründe gegeben, den Gottesbezug in die Präambel aufzunehmen.“ Es gehe dabei um die Abwehr „politischer Selbstvergottungsträume und Allmachtsphantasien, die Nationalsozialismus und Marxismus-Leninismus ausgelebt hatten“. Die Kirche respektiere aber die Parlamentsentscheidung. Der Landtagsabgeordnete der Grünen und Präses der Nordkirchensynode, Andreas Tietze (Westerland/Sylt), sagte, er werde sich jetzt für eine Volksinitiative stark machen. Die Abstimmung spiegele nicht die Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung wider. Die Leiterin des Katholischen Büros in der Landeshauptstadt, Beate Bäumer, sieht ebenfalls die Möglichkeit eines Bürgerentscheides, zumal die neue Verfassung die Hürden für ein Volksbegehren und einen Volksentscheid senkt. So müssen sich für ein Begehren nicht mehr 112.000 Bürger per Unterschrift aussprechen, sondern nur 80.000. Für einen Volksentscheid sind 15 statt 25 Prozent aller Wahlberechtigten erforderlich.

SPD-Ministerpräsident für Gottesbezug

In der Landtagsdebatte hatten unter anderen der sozialdemokratische Ministerpräsident Torsten Albig und SPD-Fraktionschef Ralf Stegner für den Gottesbezug plädiert. Sie argumentierten, dass auch Nichtchristen auf eine dem Staat entzogene letzte Rechenschaftsinstanz Wert legten.

Die Gegner sehen jedoch nichtreligiöse Bürger durch den Hinweis auf Gott vereinnahmt. Schleswig-Holstein hat erst seit 1990 eine Verfassung; vorher gab es lediglich eine „Landessatzung“. In der Präambel zum deutschen Grundgesetz ist die Formel „In Verantwortung vor Gott und den Menschen“ enthalten. Ähnliche Hinweise finden sich in sieben der 16 Landesverfassungen.

Erzbistum Hamburg: Stellungnahme nach Entscheidung, dass die schlewig-holsteinische Landesverfassung keinen Gottesbezug haben wird




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