Die deutsche Synoden-Sonderwurst

6. Oktober 2014 in Kommentar


Die ‚Synode der Medien’. Dem Absurden sind keine Grenzen gesetzt. Wenn der Vatikan dem Teufel den Steigbügel hält. UPDATE: Die Falschübersetzung wurde korrigiert. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Am gestrigen Sonntag hat Papst Franziskus mit einer feierlichen heiligen Messe die außerordentliche Generalversammlung der Bischofssynode zum Thema der Familie im Kontext der Evangelisierung eröffnet. So weit, so gut.

Der Papst hielt eine tiefgehende Predigt vom „Traum Gottes“ über sein „heiliges Volk“ und erklärte: Synodenversammlungen sind nicht dazu da, schöne und originelle Ideen zu diskutieren oder zu sehen, wer intelligenter ist. Sie sind dazu da, an Gottes Traum, seinem Plan der Liebe für sein Volk mitzuarbeiten. So weit, so gut.

Gegen Ende seiner Predigt kam Franziskus zu einem Kernpunkt seiner Betrachtungen: „Auch für uns kann es die Versuchung geben, aus Gier, die in uns Menschen immer vorhanden ist, den Weinberg ‚an uns zu reißen’. Der Traum Gottes kollidiert stets mit der Heuchelei einiger seiner Diener. Wir können den Traum Gottes ‚vereiteln’, wenn wir uns nicht vom Heiligen Geist leiten lassen“. So weit, so gut.

Aber: natürlich musste der Teufel seinen besonderen Akzent setzen, und natürlich tat er dies nur für den deutschsprachigen Raum, der ja sowieso bereits durch eine künstliche Debatte zum nebensächlichen Thema „Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene“ besonders erregt ist. Und diesmal tat es der Teufel mit Hilfe des Vatikans.

Der Papst setzte seine Predigt in der vom Vatikan veröffentlichten Version mit den Worten fort: „Der Geist schenkt uns die Weisheit, die über die Lehre hinausgeht, um großherzig in wahrer Freiheit und demütiger Kreativität zu arbeiten“.

„Wie bitte?“, fragt sich natürlich sofort ein katholisches Ohr. Eine Weisheit die über die (Glaubens-) Lehre hinausgeht?? Was soll das sein? Eine neue Weisheit der Welt? Der Papst sagt, dass der Heilige Geist Weisheiten vermittelt, die über die Lehre hinausgehen? Sie ändern? Sie brechen? Sie verwandeln? Sie zu etwas anderem werden lassen? Ein Papst bricht mit der Tradition?

Genau auf diesen Punkt stürzten sich natürlich die Medien, allen voran die katholischen offiziellen Stellen. Es wurde verkündet: Franziskus habe deutlich gemacht, dass die geltende kirchliche Lehre bei der Mitarbeit am Plan Gottes der Liebe zu seinem Volk nicht das alleinige Kriterium sein dürfe. Genau das, was sich viele erwartetet hatten: die „geltende kirchliche Lehre“ kann relativiert werden. Was gestern wahr war, kann heute weniger oder anders oder nicht mehr wahr sein. Der Geist wird es schon regeln. Und das Wunschdenken vieler schien erfüllt zu sein.

Nun muss man die Medienvertreter teilweise entschuldigen, denn: wer diesen Stein in den Teich geworfen hat, wo sofort der übliche Schlamm aufgewirbelt wurde, war – der Vatikan, der eine falsche Übersetzung veröffentlicht hatte. Ein Wort, EIN Wort ist oft ausreichend, um den Sinn einer Aussage radikal zu verfälschen und dem Papst und dem Anliegen einer Synode großen Schaden zuzufügen.

Der Papst sprach nämlich nicht wie oben zitiert. Franziskus sagte: „Der Geist schenkt uns die Weisheit, die über das reine Wissen hinausgeht, um großherzig in wahrer Freiheit und demütiger Kreativität zu arbeiten“. Nicht „über die Lehre hinausgeht“, sondern „über das reine Wissen, die Wissenschaft (scienza, knowledge, science, ciencia, ciência) hinausgeht“. Und das ist ein großer Unterschied zu der vom Vatikan veröffentlichten falschen deutschen Version. Somit sprach der Papst wie sein Vorgänger, wie der heilige Thomas, wie der heilige Augustinus, wie der heilige Paulus, wie....

Fazit: EIN Wort ist ausreichend, um den Teufel in dieser angespannten Situation sein Werk der Verwirrung fortsetzen zu lassen, und es scheint ihm besonders zu gefallen, dies im deutschsprachigen Raum zu tun.


PS: kath.net hat sich die Freiheit genommen, die falsche Übersetzung des Vatikans zu korrigieren und diese sofort, nachdem der Heilige Vater seine Predigt beendet hatte, in der berichtigten Version zu veröffentlichen.

PPS: Es wäre Pflicht der Medienvertreter, dem Wort des Papstes genau zu folgen, denn: „Es gilt das gesprochene Wort“. Und: wie es bei Texten des Papstes in der Regel üblich ist, ist die Sprache des „Originals“ das Italienische (was auch unter Benedikt XVI. der Fall war).

PPPS: Texten, die das Wort des Papstes wiedergeben, muss mit Respekt und Kenntnis sowohl inhaltlicher als auch sprachlicher Natur begegnet werden, wozu anscheinend wenige fähig oder willens sind. Was den gestrigen Vorfall betrifft: eine zu erwähnende Ausnahme ist die ARD-Tagesschau Rom mit ihrem Korrespondenten Tilmann Kleinjung.


Nachtrag:

Im Laufe des Vormittags wurde auf der Internetseite des Vatikans eine korrigierte Version veröffentlicht.


Predigt Papst Franziskus Eröffnung Familiensynode




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