Immer weniger Paare haben drei oder mehr Kinder

12. September 2014 in Chronik


Bundesfamilienministerium legt Studie über „Mehrkindfamilien“ vor – Bereits Eltern mit drei Kindern sind laut Studie doppelt so oft armutsgefährdet (16 Prozent) wie kleinere Familien: „Kinderreichtum macht arm!“


Berlin (kath.net/idea) Immer weniger Familien in Deutschland haben drei oder mehr Kinder. Das geht aus einer Studie hervor, die das Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben hat. Sie trägt den Titel „Mehrkindfamilien in Deutschland“ und ist auf der Internetseite des Ministeriums zu finden. Demnach hat derzeit nur noch jede neunte Familie (zwölf Prozent) mindestens drei Kinder; vor 40 Jahren war es noch jede fünfte. Allerdings liegt Deutschland mit der aktuellen Zahl im europäischen Durchschnitt. Lediglich in den Niederlanden (19 Prozent), Belgien, Finnland (jeweils 18 Prozent) und Frankreich (17 Prozent) gibt es deutlich mehr Familien mit drei und mehr Kindern. Ähnlich wie in Deutschland sieht es in Großbritannien, Dänemark (je 15 Prozent), Schweden (14 Prozent) und Österreich (13 Prozent) aus. Die wenigsten Mehrkindfamilien gibt es in der Tschechischen Republik (sieben Prozent), Portugal, Italien (je sechs Prozent) und Spanien (fünf Prozent).

Eltern mehrerer Kinder meist verheiratet

Laut der Studie sind Mehrkindfamilien zu 89 Prozent Paarfamilien; nur in elf Prozent der Fälle erzieht ein Elternteil die Sprösslinge allein. Die Eltern von mehreren Kindern sind zudem häufig verheiratet (83 Prozent). Nur wenige Kinder mit zwei oder mehr Geschwistern (sechs Prozent) haben unverheiratete Eltern. Der Anteil der Alleinerziehenden ist mit elf Prozent deutlich geringer als bei Familien mit einem Kind (25 Prozent) und etwas geringer als bei den Familien mit zwei Kindern (14 Prozent).

Hälfte der Vier-Kind-Familien mit Migrationshintergund

Ein weiteres Ergebnis der Studie: In 40 Prozent der Mehrkindfamilien – und damit deutlich häufiger als bei kleineren Familien – hat mindestens ein Elternteil eine ausländische Herkunft. Während das auf 29 Prozent aller Familien in Deutschland zutrifft, liegt dieser Anteil bei den Familien mit drei Kindern bei knapp 40 Prozent, bei denen mit vier und mehr Kindern bei 51 Prozent. Auch haben Mütter und Väter mit mindestens vier Kindern laut der Untersuchung häufiger einen niedrigen Bildungsabschluss als Eltern mit weniger Kindern. Dies trifft auf knapp die Hälfte der Mütter sowie ein Drittel der Väter zu.

Mehrkindfamilien häufiger armutsgefährdet

Die Studie nennt auch Gründe, weshalb sich immer weniger Paare für mehr als zwei Kinder entscheiden. Viele klagten über Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden; 55 Prozent hielten ihre Bleibe für zu klein. Zudem verfüge ein Viertel der Mehrkindfamilien nur über ein geringes Einkommen. Bereits Eltern mit drei Kindern sind laut Studie doppelt so oft armutsgefährdet (16 Prozent) wie kleinere Familien. Ein möglicher Grund dafür sei die Dauer des beruflichen Ausstiegs der Mütter. Die Forscher: „Mit steigender Kinderzahl wächst die Wahrscheinlichkeit für lange währende Erwerbsunterbrechungen. Insgesamt bleiben 28 Prozent der Frauen mit drei oder mehr Kindern länger als zehn Jahre zu Hause.“

„Kinderreichtum macht arm!“

Wie der Leiter des Heidelberger Büros für Familienfragen und soziale Sicherheit, Kostas Petropulos, auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) sagte, liegt die Armutsquote kinderreicher Familien – unabhängig vom Migrationshintergrund – schon seit Jahrzehnten deutlich über dem Niveau von Ein- und Zwei-Kind-Familien. Die klare Botschaft an die Eltern laute daher: „Kinderreichtum macht arm!“ Bei ausländischen Paaren komme das langsamer an. Allerdings sei auch bei ihnen ein Rückgang der Kinderzahlen zu verzeichnen, je länger sie in Deutschland leben. Ursache für diese Entwicklung ist nach Petropulos’ Worten eine arbeitsmarktzentrierte Familienpolitik, bei der beide Eltern möglichst früh und in Vollzeit erwerbstätig sein müssen, um mit ihren Kindern wirtschaftlich über die Runden zu kommen – ob auf dem Wohnungsmarkt oder bei den Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten ihres Nachwuchses. Da viele kinderreiche Mütter und Väter das nicht wollten oder könnten, gehe es ihnen meist deutlich schlechter als den anderen Paarhaushalten.

Für eine bessere Absicherung von Eltern

Petropulos: „Dieses Politikkonzept wird im Zeichen unserer schrumpf-alternden Bevölkerung seit der Jahrtausendwende immer konsequenter umgesetzt, etwa mit der Abschaffung des zweijährigen Erziehungsgelds und dem Ersatz durch das maximal zwölfmonatige, einkommensabhängige Elterngeld für ein Elternteil.“ Wer den Rückgang der Kinderzahlen stoppen wolle, muss für eine wirkungsvolle wirtschaftliche, soziale und berufliche Absicherung von voll- und teilzeiterziehenden Müttern und Väter sorgen.


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