Käßmann will besseren Schutz von Prostituierten

10. September 2014 in Deutschland


Frühere EKD-Ratsvorsitzende für Mindestalter von 21 Jahren


Berlin (kath.net/idea) Deutschland darf nicht das Bordell Europas bleiben. Das fordert die frühere EKD-Ratsvorsitzende und Bischöfin der Hannoverschen Landeskirche, Margot Käßmann (Berlin), in der Zeitung „Bild am Sonntag“. Der Gewerkschaft Ver.di zufolge „bedienen“ in Deutschland rund 400.000 Huren jeden Tag mehr als eine Million Freier. Mehr als zwei Drittel der meist jungen Frauen seien Ausländerinnen. Die Umsätze der deutschen Sexindustrie werden auf 14 Milliarden Euro geschätzt. Wie Käßmann schreibt, hat es Prostitution immer gegeben, weil Frauen in verzweifelten Lagen nicht wissen, wie sie sonst für sich und ihre Familien sorgen sollen. Sie hätten „mein Mitgefühl, wenn ich sie fast unbekleidet wartend in Wind und Wetter sehe“. Um die „Sexarbeiterinnen“ vor Ausbeutung zu schützen, befürwortet Käßmann die Forderung nach Einführung einer Mindestaltersgrenze von 21 Jahren. Zum Einwand von Experten, dass jüngere Frauen dann unter noch schrecklicheren Bedingungen zum Anschaffen gezwungen würden, meint sie, dass es schlimmer als bisher nicht werden könne. Es gebe „Flatrate-Bordelle“, in denen ein Mann einmal Eintritt zahlt und dann mit so vielen Frauen Sex haben könne, wie er will. Viele Männer nähmen Viagra und beschwerten sich, dass die Frauen nicht lang genug durchhielten. In der Elendsprostitution forderten Männer Sex ohne Kondom.

Sexualität auf Augenhöhe

„Mir geht es darum, die Frauen zu stärken, die in der Sexindustrie geschändet werden“, erklärt Käßmann. Das Mindeste, was von Freiern erwartet werden sollte, sei, zur Polizei zu gehen, „wenn eine Frau Angst zeigt, kein Deutsch spricht, offensichtlich minderjährig ist und Zeichen von Gewalt durch blaue Flecken zu sehen sind“. Besser sei es allerdings, zu freien Beziehungen von Männern und Frauen zu kommen: „Ich könnte mir eine Welt vorstellen, in der Männer und Frauen frei und freiwillig, so wie sie es wollen, selbstbewusst und auf Augenhöhe miteinander Sexualität leben.“ Die evangelische Kirche betrachte Sexualität als eine gute Gabe Gottes. Aber sie sage auch, dass es um drei Vs gehe: Verantwortung, Verlässlichkeit, Vertrauen. Deshalb sollten sich zwei Menschen „auf Augenhöhe begegnen und nicht auf Eurobasis“. Abschließend zitiert Käßmann das Neue Testament: „Wer seine Frau liebt, der liebt sich selbst“ (Epheser 5,28). Im August hatte die 56-Jährige mit einer anderen Vision großes Aufsehen erregt. Dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ sagte sie, sie könne sich ein Deutschland ohne Streitkräfte vorstellen, und verwies dabei auf das seit 1949 entmilitarisierte mittelamerikanische Land Costa Rica. Sie war im Jahr 2010 von ihren kirchlichen Ämtern zurückgetreten, nachdem sie unter Alkoholeinfluss eine rote Ampel überfahren hatte. Sie begann eine neue Karriere als (Gast-)Professorin und Publizistin und in verschiedenen Ehrenämtern. Der EKD-Rat ernannte sie zur Botschafterin für das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017.

Foto Margot Käßmann (c) EKD


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