Kirchliches Lob für Abtreibungsbefürworterin Prammer

8. August 2014 in Kommentar


Vertreter der katholischen Kirche haben über die verstorbene Präsidentin des österreichischen Nationalrates viel Positives zu sagen. Barbara Prammer war allerdings auch eine kompromißlose Befürworterin der Abtreibung. Ein Kommentar von Johannes Graf


Wien (kath.net/jg)
De mortuis nil nisi bene – über die Verstorbenen nur in guter Weise (sprechen). Diese dem attischen Staatsmann Solon zugeschriebene Redewendung ist mir sofort eingefallen, als Vertreter der katholischen Kirche die kürzlich verstorbene Präsidentin des österreichischen Nationalrates Barbara Prammer (SPÖ) durchwegs positiv gewürdigt haben.

Das ist eine verständliche, zutiefst menschliche Regung. Niemand will den Schmerz der Angehörigen und Freunde durch negative Kritik noch verstärken. Einer Verstorbenen gleich nach ihrem Hinscheiden ihre Fehler vorzuhalten wirkt kleinlich und unversöhnlich. Lieber erinnert man an ihre Leistungen und Errungenschaften. Doch auch hier gilt ein Wort von Solon: „Nichts im Übermaß.“

Bei Barbara Prammer hinterlassen die uneingeschränkt wohlwollenden Stellungnahmen aus den Reihen der Kirche einen schalen Nachgeschmack. Die frühere sozialdemokratische Frauenministerin war eine sehr aktive Befürworterin des Feminismus und der Abtreibung. Letztere hat sie wörtlich als „Selbstbestimmungsrecht der Frau an ihrem Körper“ bezeichnet. Wer dies in Frage stelle, übe „massive Gewalt gegen Frauen“ aus, sagte sie im Dezember 2004 gegenüber dem Pressedienst der SPÖ. Kath.net hat berichtet. Weiters forderte sie „Schutzzonen“ vor Abtreibungskliniken und hat die Zulassung der Abtreibungspille „Mifegyne“ in Österreich unterstützt. Im Jahr 2007 verlangte sie, dass Abtreibungen in allen österreichischen Bundesländern durchgeführt werden sollten.

Den Wiener Erzbischof Kardinal Schönborn hat Prammers „bescheidene, kluge und sehr menschliche Art“, mit der sie ihr Amt ausgeübt habe, trotzdem beeindruckt. Caritas-Präsident Michael Landau hat sie eine „wichtige Stimme für Menschlichkeit und Toleranz“ genannt. Diese Stellungnahmen erscheinen im Licht des vorher Gesagten fragwürdig. Wie sieht es mit der Menschlichkeit gegenüber den Ungeborenen aus? Wer einmal den Kurzfilm „Der stumme Schrei“ gesehen hat, der eine Abtreibung im Ultraschall zeigt, dem wird klar, dass es bei der Abtreibung nicht nur um den Körper der Frau, sondern auch um den des Babys geht. Und wie steht es mit der Toleranz gegenüber den Gehsteigberatern, die Frauen vor einer Abtreibungsklinik Hilfe anbieten wollen? Wie steht es mit der Toleranz gegenüber Abtreibungsgegnern, wenn schon die Forderung nach Aufhebung der Fristenlösung als „massive Gewalt gegen Frauen“ bezeichnet wird?

Für Barbara Haas, die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), war die verstorbene Politikerin sogar eine „Verbündete und Fürsprecherin“. Das mag hinsichtlich Prammers Unterstützung für den Familienfasttag und Entwicklungshilfeprojekte der kfbö berechtigt sein. Aber so uneingeschränkt wird das Lob für die – wie Haas selbst zugibt – kirchendistanzierte Politikerin hoffentlich nicht gemeint sein, außer die kfbö hat sich zu einer Vorfeldorganisation der SPÖ gewandelt – Abtreibung, Feminismus und Gender-Mainstreaming inklusive. Haas’ Beifall für Prammers Einsatz für Frauenrechte überrascht daher.

Der Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz ist zurückhaltender. Er lobt die „produktive Zusammenarbeit“ mit der verstorbenen Politikerin bei konkreten Projekten, etwa beim Hilfsfonds für Geschädigte des Nationalsozialismus oder in der „Allianz für den freien Sonntag“.

Hier lassen sich Ansätze für eine angemessene Reaktion auf den Tod einer Politikerin wie Barbara Prammer finden. Selbstverständlich sollen ihre Verdienste gewürdigt werden und diese dürfen auch im Vordergrund stehen. Für die Kirche war und ist die Abtreibung ein „abscheuliches Verbrechen“ (Gaudium et spes 51). Wenn eine Politikerin darin ein „Selbstbestimmungsrecht der Frau“ sieht, kann man darüber nicht einfach hinweg sehen.


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