Spaemann: Ehelehre der Kirche glänzt nur, wenn sie unverwässert ist

28. Juli 2014 in Weltkirche


Die Kirche könne und dürfe die Unauflöslichkeit der Ehe nicht aufweichen. Nur unverwässert komme der Glanz der katholischen Ehelehre zur Geltung, schreibt der Philosoph Robert Spaemann.


Stuttgart (kath.net/jg)
Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. (Mt 19,6) Deshalb könne eine gültig geschlossene Ehe weder durch den Willen beider Ehepartner noch durch eine Synode oder den Papst aufgelöst werden, schreibt der Philosoph Robert Spaemann in der Onlineausgabe des Magazins First Things.

Die Schönheit der kirchlichen Ehelehre könne nur zur Geltung kommen, wenn sie nicht verwässert werde. Die Versuchung, die Unauflöslichkeit der Ehe aufzuweichen werde heute dadurch begünstigt, dass es unter Katholiken mittlerweile beinahe so hohe Scheidungsraten gebe wie unter nicht religiösen Ehepaaren, schreibt Spaemann.

Für diese Entwicklung seien bestimmte Umstände in der Kirche mitverantwortlich. Die Ehevorbereitung vermittle oft nicht das ganze katholische Eheverständnis. Würde sie das tun, würden wohl weniger Paare kirchlich heiraten ist Spaemann überzeugt. Für andere könnte eine gute Ehevorbereitung eine Inspiration sein. Der Gedanke, dass die Verbindung von Mann und Frau „in den Sternen vorgezeichnet sei“, dass sie unzerstörbar sei, „in guten und in bösen Tagen“, übe eine große Anziehungskraft aus. Diese Überzeugung könne für Ehepaare in einer Krise eine Quelle der Stärkung und der Freude sein.

Doch anstelle hier anzusetzen würden viele in der Kirche, darunter sogar Bischöfe und Kardinäle, eine andere Möglichkeit erwägen. Abhilfe für den in einer Wiederverheiratung institutionalisierten Ehebruch sei nicht mehr in Reue, Umkehr und Vergebung zu finden sondern in Zeit und Gewohnheit. Diese – wie Spaemann wörtlich schreibt – „Alchemie“ solle aus einem „ehebrecherischen Konkubinat“, das wir „zweite Ehe“ nennen, eine akzeptable Verbindung machen, die von der Kirche zu segnen sei.

Spaemann bezeichnet diesen Vorschlag als „Kapitulation vor dem säkularen Zeitgeist“, die auf einem schwerwiegenden Fehler beruhe. Durch den Ablauf einer bestimmten Zeitspanne entsteht nichts Neues. Spaemann formuliert das so: „Die Zeit ist nicht kreativ.“ Sie könne eine verlorene Unschuld nicht wieder herstellen. Schon Aristoteles habe gelehrt, dass eine zum Laster gewordene Sünde schlimmer sei als ein einmaliger Fehltritt, den man bereut.

Wer seinen Mitchristen in der komplexen Situation, die eine zivilrechtliche Wiederverheiratung mit sich bringt, beistehe, der leiste ein Werk der Barmherzigkeit. Doch wer ihre ungeordnete Situation kirchlich legalisieren wolle und sie zur Kommunion zulassen wolle, verstoße gegen die Sakramentalität der Eucharistie und missachte die Warnung des Apostels Paulus: „Denn wer davon (von der Eucharistie, Anm.) isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt.“ (1 Kor 11,29)

Ein gewichtiges Argument hat sich Spaemann für den Schluss seines Artikels aufgehoben. Wer denkt eigentlich an die Opfer? Wer denkt an die Frau, deren Mann sie und ihre vier Kinder verlassen hat und jetzt mit einer anderen Frau zusammenlebt? Wenn die Kirche diese Verbindung nach einiger Zeit segnen würde, müsste die verlassene Frau dabei zusehen, wie die Kirche die neue Verbindung akzeptiert und legitimiert. Da wäre es schon ehrlicher, das Eheversprechen zu ändern. Es wäre dann nicht mehr gültig „bis dass der Tod uns scheidet“, sondern nur mehr „bis die Liebe eines Partners erkaltet“, schreibt Spaemann.

Link zum Artikel von Robert Spaemann (englisch):
http://www.firstthings.com/article/2014/08/divorce-and-remarriage


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