Waffenstillstand und Dialog

21. Juli 2014 in Deutschland


Kardinal Marx hat am Sonntag eine Stellungnahme zur Eskalation der Gewalt im Nahen Osten veröffentlicht. Im Wortlaut auf kath.net


München (kath.net/dbk/pm)
Angesichts der gewaltsamen Lage im Nahen Osten hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx am Sonntag eine Erklärung veröffentlicht. IM WORTLAUT auf kath.net:

„Die erneute Eskalation des Nahost-Konflikts erfüllt mich und alle deutschen Bischöfe mit großer Sorge. Die Spirale der Gewalt, in diesem Falle ausgelöst durch die Ermordung jüdischer Schüler, den Mord an einem jungen Palästinenser und die forcierten Raketenangriffe der Hamas auf Israel, dreht sich weiter. Im Gaza-Streifen ist eine hohe Zahl von Menschen, darunter offenbar auch viele Zivilisten, zu Tode gekommen. Die dort ohnehin prekären Lebensverhältnisse verschlechtern sich infolge des Konfliktes dramatisch.

Unser Mitgefühl muss ebenso den Menschen in Israel gelten, die durch die Raketen aus dem Gaza-Gebiet terrorisiert werden. In der Tat ist es nicht hinnehmbar, dass die Hamas und andere extremistische Gruppen einen Zermürbungskrieg gegen die israelische Bevölkerung führen, indem sie wahllos auf Ortschaften und mittlerweile auch auf die Großstädte feuern. Israel hat das Recht, sich dagegen zu wehren. Dabei muss aber auch sichergestellt bleiben, dass das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und die Bestimmungen des humanitären Völkerrechts beachtet werden. Mir ist sehr wohl bewusst, dass die Hamas Menschen als Schutzschild missbraucht, um die Grenzen zwischen zivilen Einrichtungen und militärischer Infrastruktur verschwimmen zu lassen. Aber so sehr dieses zynische Kalkül auch verurteilt werden muss, so sehr bleibt der Staat Israel doch aufgefordert, von seiner überlegenen Waffenstärke einen zurückhaltenden Gebrauch zu machen, wenn das Leben von Zivilisten bedroht ist.

In besonderer Weise denken wir an die Christen im Heiligen Land, deren Situation uns nicht unberührt lässt. Aufgrund der oft frustrierenden Situation wandern immer mehr Christen ins Ausland. Die christliche Minderheit im Heiligen Land braucht unsere Solidarität, nicht zuletzt, damit die Christen am Aufbau der Zivilgesellschaft in Israel und Palästina mitwirken.

Die derzeitigen Auseinandersetzungen im Heiligen Land befeuern den Hass, sie drohen, die Friedenswilligen zu entmutigen und alle Versuche, zu einer gerechten Lösung zwischen den Völkern zu gelangen, unter sich zu begraben. Es braucht mutige Persönlichkeiten auf beiden Seiten, die Mut haben, Schritte zum Frieden und zum Miteinander zu wagen. Papst Franziskus sagte zu recht: ‚Um Frieden zu schaffen, braucht es Mut, sehr viel mehr, als um Krieg zu führen.‘ Voraussetzung ist, dass jeder das Existenz- und Lebensrecht des Anderen anerkennt.

Die Reise von Papst Franziskus ins Heilige Land und das gemeinsame Friedensgebet der Präsidenten Abbas und Peres in Rom haben dazu erst jüngst Hoffnungen geweckt. Diese Hoffnung darf nicht zunichte gemacht werden! Mit Papst Franziskus fordert die Deutsche Bischofskonferenz daher die Konfliktparteien und alle, die zur Vermittlung fähig sind, zu kraftvollen Anstrengungen auf, um zu einem andauernden Waffenstillstand zu gelangen und in einen neuen substanziellen Dialog einzutreten. Nur so kann die Spirale von Gewalt und Vergeltung durchbrochen werden. Die deutschen Bischöfe bitten die Katholiken um ihr nicht nachlassendes Gebet für Frieden und Versöhnung im Heiligen Land.


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