Mediale Schwarz-Weiß-Malerei: Die unfehlbare Messlatte?

11. Juli 2014 in Kommentar


Der ungeschriebene doch dauergenutzte „Do-it-yourself“-Ratgeber gibt Journalisten für die Neubesetzung kirchlicher Posten einen leicht zu handhabenden Fragebogen vor. Ein kath.net-Kommentar von Petra Lorleberg


Stuttgart (kath.net/pl) Schwarz-weiß-Malerei hat derzeit Hochkonjunktur. Der ungeschriebene doch dauergenutzte „Do-it-yourself“-Ratgeber gibt Journalisten für die Neubesetzung kirchlicher Posten folgenden Fragebogen vor:

Wie steht der Kandidat zu:
1. Zugang von Frauen zum Weiheamt
2. Innerkirchlicher Umgang mit gleichgeschlechtlichen Lebensentwürfen
3. Innerkirchlicher Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen
4. Frage des Zölibats für Priester

Anhand dieser vier Fragen – interessanterweise ist übrigens keine von ihnen völlig unberührt vom Thema „Sexualität“ – kann von jedem leicht entschieden werden, ob ein Kandidat progressiv ist oder nicht. Wer sich die katholische Lehrposition zu eigen macht, wird befeindet, wer sich „differenziert“ zu ihr äußert, wird bejaht. Die Ergebnisse bekommen wir dann als honorige Presseerzeugnisse vorgelegt.

So dekliniert der „Bayrische Rundfunk“ diese Fragen aktuell am neuen Passauer Bischof Stefan Oster durch. Schon im Untertitel wird der Leser informiert: „Viele Gläubige im Bistum Passau haben enttäuscht auf die ersten deutlichen Aussagen des neuen Bischofs Stefan Oster zu kritischen Kirchenthemen reagiert. Zum Beispiel lehnt er eine Öffnung des Diakonenamtes für Frauen ab.“ Der sympathische Strahlemann Oster hatte zuvor eine offenbar unentschuldbare Selbstverständlichkeit begangen: Er hatte öffentlich klargestellt, dass sein Bekenntnis zur Lehre der katholischen Kirche kein Lippenbekenntnis ist, sondern seiner persönliche Überzeugung entspricht. Aus der medialen Reaktion auf diese Oster-Worte lässt sich schlussfolgern, dass ein mit der kirchlichen Lehre übereinstimmender Bischof von den Medien als keineswegs mehr als selbstverständlich eingestuft wird. Man kommt leider nicht umhin zu sagen: Unsere Bischöfe sind dazu eingeladen, in einer stillen Stunde einmal ehrlich darüber nachzudenken, inwieweit sie jeweils selbst die Vorlage für dieses Eigentor geliefert haben.

Ja, so eine Überraschung aber auch: Dass mit Bischof Oster ein Vertreter der Kirche sozusagen bekennt, er wolle die Automarke, für die er arbeitet, auch tatsächlich verkaufen und sogar aus Überzeugung selbst fahren! In dieser Übertragung auf die moderne Lebenswelt wird deutlich, wieviel Heuchelei im Urteil über das Oster-Bekenntnis eigentlich steckt.

Bei Ernennungen, die sich solcher Schwarzweißmalerei konsequent verweigern – aktuelles Beispiel ist der zukünftige Erzbischof von Köln, Kardinal Woelki – bietet sich noch ein weiterer Beurteilungsmaßstab an: Die Frage nach dem römischen Einfluss. Es löst Irritation aus, dass die Wunschkandidaten eines Domkapitels übergangen werden und die „Firmenleitung“ in Rom erfolgreich einen anderen Namen ins Spiel bringt. Das wurde bereits bei der Bischofsernennung in Freiburg moniert, nun wird dies auch für Köln in den Raum gestellt. Demokratische Strukturen gelten als das Grunddogma schlechthin. Wenn eine Ernennung nicht demokratisch, sondern hierarchisch erfolgt, wird dies als Beleg für vormodernes Verhalten der katholischen Kirche genommen, als ein völlig unverantwortbares Relikt „aus dem finsteren Mittelalter oder so“. Dass aber auch in modernen Betrieben bis hin zu international leistungsfähigen Konzernen die Beförderung in Leitungsfunktionen ebenso durch Ernennung und nicht etwa durch innerbetriebliche demokratische Entscheidungen geschieht, wird dabei tunlichst verschwiegen, denn dies würde die Normalität des Vorgangs unangenehm ins Licht rücken. Der Anteil jener Firmen, die ihren Manager via Personalratsentscheidung festlegen, dürften im kleinen Prozent- oder gar im Promillebereich liegen.

Fast erheiternd zu sehen ist obendrein, dass das Bild des gestreng in die Besetzung deutscher Bischofsstühle eingreifenden Franziskus nicht recht zum restlichen medial transportierten Franziskusbild passen will. Malt man doch den argentinischen Papst nur allzu gern als weichherzigen Opa, der als bedingungslos Liebender nicht mehr zu eigenen Positionen fähig wäre und kritisiert dann obendrein noch jene katholischen Gläubigen, die nicht willig sind, diesem weichgespülten und entstellenden Bild nachzufolgen, sondern die Papst Franziskus in seiner Komplexität wahrnehmen und wertschätzen. Meine Damen und Herren: Sie sitzen einem Trugbild des Christentums auf. Christliche Liebe ist nicht ein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Wie Sie selbst herausfinden können, wenn Sie sich auf den Weg der christlichen Liebe begeben wollen.

Das Ziel einer solchen Schwarzweiß-Berichterstattung liegt klar auf der Hand: Die katholische Kirche soll auf Biegen und Brechen ihre Lehre ändern! Interessant ist, dass offenbar die eingangs gelisteten vier Fragen als Dreh- und Angelpunkt dafür eingeschätzt werden. Anscheinend wird es als zunehmend irritierend empfunden, dass eine Institution quer liegt zu den gegenwärtigen gesellschaftlichen Strömungen und dass sie sich dazu auf die Gewissensfreiheit beruft.

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Foto Petra Lorleberg (c) kath.net/Paul Badde


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