Bürgermeister nennt Stadtfahne 'älter als das Turiner Grabtuch'

8. Juli 2014 in Chronik


Tübingen: Über die Einschätzung des Grünen-Bürgermeisters Boris Palmer äußert sich der Historiker Michael Hesemann


Tübingen (kath.net) Die Tübinger Stadtfahne sei vermutlich 900 Jahre alt und damit „deutlich älter als das Turiner Grabtuch“. Das hatte der Tübinger Bürgermeister Boris Palmer (Die Grünen) gesagt, nachdem die Ergebnisse einer C14-Untersuchung einer historischen Stadtfahne bekannt geworden waren. Der Historiker Michael Hesemann bezieht gegenüber kath.net Stellung zu dieser Aussage:

Wer eine mittelalterliche Stadtfahne mit der bedeutendsten Reliquie der Christenheit vergleicht, muss sich fragen lassen, ob er unter leichter Selbstüberschätzung leidet.

Selbst wenn die Fahne aus dem 11. Jahrhundert stammen würde, so sind noch immer die Aachener Textilreliquien, die nachweisbar seit dem 8. Jahrhundert verehrt werden, älter. Auch das Sudarium von Oviedo ist seit dem 8. Jahrhundert in Spanien nachweisbar. Der Heilige Rock von Trier wurde bereits in Quellen des 10. Jahrhunderts erwähnt; eine Reihe von Indizien spricht für seine Verehrung seit dem 4. Jahrhundert. Damit ist der Anspruch der Tübinger, das älteste Stoffstück Europas zu besitzen, schnell ad absurdum geführt.

Tatsächlich zeigt der Tübinger Stadtfahnen-Bluff vielmehr die Unzuverlässigkeit der ganz und gar nicht unfehlbaren C14-Methode auf. Die Behauptung, das Turiner Grabtuch stamme aus dem 14. Jahrhundert, ist schon dadurch widerlegt, dass es in einer ungarischen Handschrift des 12. Jahrhunderts präzise dargestellt wird. Die Abdrücke zweier Münzen des römischen Kaisers Tiberius, geprägt von Pontius Pilatus, die erst durch modernste Computerverfahren sichtbar gemacht wurden, belegen, dass es aus dem 1. Jahrhundert stammt. Seine Herkunftsregion wird durch Pollen und Gesteinsfragmente aus dem Raum Jerusalem im Grabtuchgewebe ebenso wie durch die eindeutig antike Webart des Tuches bestätigt.

Die Datierung einer Fahne, die deutlich die Aufschrift "Tübingen 1511" trägt, in das "11. bis 12. Jh." ist schlichtweg absurd und zeugt nur von einer geradezu naiven C14-Hörigkeit und einem historisch unhaltbaren Sensationalismus der Stadtväter. Auch hier ist, wie beim Turiner Grabtuch, ein Versagen der C14-Methode offensichtlich. Wenn die beiden Textilien eines gemeinsam haben, dann aber dieses: Sie lehren uns, auf kritische Distanz zu scheinbar "unfehlbaren" Datierungsmethoden zu gehen. Erst wenn ein C14-Ergebnis mit dem historischen und/oder archäologischen Kontext eines Objektes übereinstimmt, ist es glaubwürdig. Steht es dazu im Widerspruch, hat die Methode versagt. Blindes Vertrauen ist mit naturwissenschaftlichem Denken unvereinbar.

kath.net-Buchtipp
Das Bluttuch Christi
Wissenschaftler auf den Spuren der Auferstehung
Von Michael Hesemann
Hardcover
316 Seiten; m. SW-Abb. im Text, 16 Farbtaf.
2010 Herbig
ISBN 978-3-7766-2632-2
Preis 20.60 EUR

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