Muss sich die CDU modernisieren?

4. Juli 2014 in Deutschland


CDU-Generalsekretär Peter Tauber will seine Partei jünger, bunter und weiblicher machen. Dagegen fordert der sächsische CDU-Fraktionsvorsitzende Steffen Flath eine stärkere Einbindung der CDU-Mitglieder in politische Entscheidungen der Partei.


Dresden/Berlin/Wetzlar (kath.net/idea) Der CDU-Generalsekretär Peter Tauber will seine Partei jünger, bunter und weiblicher machen, weil sie vor allem bei Frauen und Zuwanderern große Defizite habe. Mit rund 467.000 Mitgliedern ist sie aktuell nur die zweitgrößte Volkspartei bei einem Altersschnitt von 59 Jahren. Und sie verliert weiter Mitglieder. Muss sich die CDU also dringend modernisieren? Dagegen fordert der Vorsitzende der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag, Steffen Flath (Dresden), eine stärkere Einbindung der CDU-Mitglieder in politische Entscheidungen der Partei: „Wann hat ein CDU-Mitglied eigentlich das letzte Mal wirklich Wichtiges mitentschieden – etwa bei der Energiewende oder der Reduzierung der Familienpolitik auf den Ausbau der Krippenplätze und die zunehmende Bedeutungslosigkeit der Ehe in unserer Gesellschaft?“

PRO
Die CDU ist die Volkspartei der Mitte. Angela Merkel regiert seit fast 10 Jahren erfolgreich unser Land. Im September hat die CDU einen historischen Wahlerfolg errungen, und auch in Umfragen liegen wir bei über 40 Prozent. Warum also über eine Reform nachdenken? Wenn ich in meiner Kirchengemeinde im Gottesdienst sitze, sehe ich in den Reihen vor mir fast nur graue Köpfe – abgesehen von den Konfirmanden in der ersten Reihe. Besuche ich hingegen eine der Freikirchen in meinem Wahlkreis, treffe ich im Gottesdienst viel mehr Familien und junge Leute. Mich beschäftigt das. Warum dieser Unterschied, wo doch die frohe Botschaft des Fischers aus Nazareth identisch ist? Gesellschaften ändern sich wie auch die Erwartungen an die Politik: Daher muss sich eine Partei wie die CDU immer wieder fragen, ob ihre Angebote und Antworten noch passen.

Will die CDU weiter eine Mitgliederpartei bleiben, dann braucht sie eine Modernisierung. Im September 2013 hat in jeder gesellschaftlichen Gruppe die Mehrzahl der Menschen CDU gewählt, auch bei Jüngeren und Frauen. Aber nur knapp 25 Prozent der CDU-Mitglieder sind weiblich. Im Schnitt sind die CDU-Mitglieder 59 Jahre alt, Deutschlands Bevölkerung ist im Schnitt mehr als zehn Jahre jünger. Unsere Mitgliederstruktur bildet die Vielfalt unseres Landes nicht ab. Das müssen und das wollen wir ändern. Die CDU will für mehr junge Menschen, mehr Frauen und mehr Zuwanderer zur politischen Heimat werden. Die CDU sollte sich für neue Mitmachmöglichkeiten und Themen öffnen, ohne ihren Kern zu verleugnen. Für uns werden auch weiter das christliche Menschenbild, die soziale Marktwirtschaft und die Liebe zu unserem Vaterland Grundlage unserer Arbeit bleiben.

Der Autor, Peter Tauber (Berlin), ist seit Ende 2013 Generalsekretär der CDU. Er ist Mitglied der
evangelischen Kirche.

KONTRA
Der Erfolg einer Partei stellt sich nicht automatisch durch einen verordneten Modernisierungskurs ein. Vielmehr lebt eine Volkspartei wie die CDU von ihren Mitgliedern. Diese nicht nur zu gewinnen, sondern sie für eine aktive Mitarbeit zu mobilisieren, muss das Ziel sein.

Aber ist die CDU noch eine echte Mitgliederpartei oder eher eine Partei der Amtsträger? Was erwarten eigentlich Frauen und Männer, die heute eintreten? Welche Gründe haben langjährige Mitglieder auszutreten? Auch das sind Fragen, die wir uns stellen müssen.

Vor 30 Jahren trat man der CDU vor allem wegen des Bekenntnisses zu den christlichen Werten bei oder weil die CDU die Deutsche Einheit nie aufgab. Vielleicht wollte man auch nur gut informiert sein, um besser diskutieren und mitentscheiden zu können.

Und heute? Das Internet informiert alle gleich und vor allem schnell. Egal ob Parteimitglied oder nicht. Politiker reden zudem oft aus Scheu vor öffentlicher Kritik im „Sowohl-als-auch-Stil“.

Wann hat ein CDU-Mitglied eigentlich das letzte Mal wirklich Wichtiges mitentschieden? Etwa bei der Energiewende oder der Reduzierung der Familienpolitik auf den Ausbau der Krippenplätze und die zunehmende Bedeutungslosigkeit der Ehe in unserer Gesellschaft?

Ich denke, dass eine stärkere Einbindung der Mitglieder für die CDU viele Vorteile bringen könnte, am Ende sogar für ein stärkeres konservatives Profil sorgen würde.

Vielleicht hätten so auch viele Bürgerinnen und Bürger wieder einen Grund mehr, Mitglied zu werden. Ganz gleich, ob jung oder alt, weiblich oder männlich, bunt, schwarz oder weiß. Und was mindestens genauso wichtig ist: Möglicherweise verlassen so weniger Mitglieder die Partei. Mehr Verständnis für Neues, aber auch Bewährtes würde der CDU guttun.

Der Autor, Steffen Flath (Dresden), ist Vorsitzender der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages. Er ist Mitglied der römisch-katholischen Kirche.


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