Psycho-Analyse der katholischen Kirche

7. Juli 2014 in Buchtipp


Manfred Lütz und seine Diagnose über einen speziellen Patienten. Von Andreas Otto (KNA)


Köln (kath.net/KNA) Der Gesundheitszustand und die Diagnose haben sich keinesfalls verändert. Schon vor 15 Jahren legte der Kölner Psychiater und Theologe Manfred Lütz eine schonungslose bis unterhaltsame «Psycho-Analyse» der katholischen Kirche vor. Nun hat er ein «Update» seines «Untersuchungsberichtes» mit dem plakativen Titel «Der blockierte Riese» veröffentlicht und vor einigen Tagen in Köln vorgestellt - gemeinsam mit dem Kölner Sozialpfarrer Franz Meurer. Der ist zwar kein ausgewiesener Mediziner, vertritt aber genauso selbstbewusst seine Sekundärmeinung zum Krankheitsfall Kirche.

Missbrauchsskandal, gleich zwei neue Päpste, Tebartz-van Elst – seit dem Erscheinen der Erstauflage 1999 hat sich einiges getan in der katholischen Kirche. Deshalb hat sich Lütz der Mühe unterzogen, den Patienten Kirche im Licht der jüngsten Entwicklungen und neuen Maximen aus Rom auf Herz und Nieren zu prüfen. Seine gewagte Grundthese ist aber gleichgeblieben: Die Befindlichkeit der Kirche sei mit den Zuständen innerhalb einer «Alkoholikerfamilie» zu vergleichen. Diese kennzeichne anstrengende Konflikte und ein erstarrtes Rollengefüge zwischen den einzelnen Familienmitglieder - «und dennoch kommt aus all dem Trubel nichts Kreatives mehr heraus».

Vor allem in dem fixierten Gegensatz zwischen konservativen und progressiven Katholiken sieht Lütz ein übles Krankheitssymptom. Bei beiden Gruppen sei trotz aller Unterschiede die Stimmung völlig identisch: Es herrsche durchgehend «Problemtrance»; will heißen, es wird nur noch gejammert. Das grundlegende Manko sei, dass die vermeintlich Progressiven mit ihren Forderungen etwa nach Frauenpriestertum oder mehr Demokratie in der Kirche und die «Konservativen» nicht miteinander redeten. Notwendig sei, dass beide Seiten aus ihren alten Laufgräben ausbrechen und einmal die Perspektive des jeweils anderen einnehmen.

Wie das funktionieren kann, machen Lütz und Meurer vor. «Manfred» und «Franz» - beide sind per Du - sprechen halt miteinander, auch wenn sie mitunter unterschiedliche Positionen vertreten. So macht der Theologenpsychiater aus seinem Unmut über Reformer, die sich für realitätsferne Ziele wie die Priesterweihe von Frauen einsetzen, keinen Hehl. Der Sozialpfarrer hält dagegen: Denn das Nein zur Priesterweihe für weibliche Christen sei doch jungen Frauen nicht plausibel zu vermitteln. Konsensfähig erscheint aber der Vorschlag von Lütz, dass alle Lager gemeinsam auf viel mehr weibliche Führungskräfte in den Bistumsverwaltungen - vielleicht 60 Prozent - drängen und so die Frauen-Power in der Kirche stärken sollten.

In seinem Buch ergründet Lütz nicht nur Krankheitssymptome und ihre Ursachen, er deutet auch Heilungswege an. So plädiert er dafür, dass die Angehörigen der verschiedenen Richtungen in der Kirche sich doch wertschätzender begegnen und sich nicht wechselseitig aus der Gruppe der Wohlmeinenden exkommunizieren sollten. «Angesichts eines jungen Menschen, der nach dem Sinn des Lebens fragt, und am Bett eines Sterbenden sind die konservativ-progressiven Streitthemen ohnehin banal», so der Autor.

«Liebe Deinen Nächsten» heiße, nicht nur den netten Nächsten, sondern auch das nächste Ekel zu lieben, motiviert er zu Grenzüberschreitungen. Dem stimmt Meurer im Grundsatz zu, macht aber auch eine Einschränkung: «Ein Pfarrgemeinderat kann eine Neurotikerin vertragen, wenn alle zusammenhalten - zwei Neurotiker nicht.»

kath.net-Buchtipp
Der blockierte Riese
Psycho-Analyse der katholischen Kirche. Mit Papst Franziskus-Update
Von Manfred Lütz
Hardcover
320 Seiten; 216 mm x 145 mm
2014 Pattloch
ISBN 978-3-629-13052-5
Preis 20.60 EUR

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Manfred Lütz: Benedikts Vermächtnis und Franziskus` Auftrag: Entweltlichung. Eine Streitschrift


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