Was Peres und Abbas am Sonntag bei Papst Franziskus tun

7. Juni 2014 in Aktuelles


Das Nahost-Friedensgebet im Vatikan wird kein interreligiöses Gebet sein. Ein Hintergrundbericht von Thomas Jansen / KAP


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Kurz vor dem mit Spannung erwarteten Friedensgebet von Israels Staatspräsident Schimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Vatikan hat die Initiative nun konkrete Formen angenommen: Klarer als zuvor ist nach der Vorstellung des Programms am Freitag vor allem, dass es sich nicht um ein "interreligiöses Gebet" handeln wird. Juden, Christen und Muslime beten am gleichen Ort, aber nacheinander. Der Wortlaut der Einladung von Papst Franziskus hatte in diesem Punkt einigen Interpretationsspielraum gelassen.

Deutlich wurde auch noch einmal, dass es sich nicht um eine politische Vermittlungsaktion handelt. Im Mittelpunkt der abendlichen Veranstaltung stehen Gebet, Musik und Meditation. Die anschließend vorgesehenen Reden von Peres, Abbas und Franziskus sollen nach Angaben von Vatikansprecher Federico Lombardi nicht politisch sein. Ebenso klar ist jedoch, dass eine Begegnung der beiden Staatsoberhäupter Peres und Abbas nie unpolitisch sein könne.

"Man betet nicht zusammen, sondern kommt zusammen, um zu beten", lautete die Formel, die der Kustos für das Heilige Land, Pierbattista Pizzaballa, am Freitag bei der Vorstellung des Programms in Rom verwendete. Jede Vermischung der Religionen solle vermieden werden, so der Franziskaner. Damit bekräftigte er die vatikanische Position, die der damalige Kardinal Joseph Ratzinger nach Irritationen über das erste Weltgebetstreffen in Assisi 1986 formuliert hatte. Dies dürfte wohl auch ein Grund dafür sein, dass die Begegnung auf einer Rasenfläche unter freiem Himmel in den Vatikanischen Gärten zwischen den Vatikanischen Museen und dem Sitz der päpstlichen Akademie der Wissenschaften stattfindet - und nicht etwa im Apostolischen Palast. Diese Grünfläche unter Bäumen kann wohl als einer der religionsneutralsten Orte im Vatikan gelten.

Die Begegnung sei kein "interreligiöses Gebet" von Juden, Christen und Muslimen, sondern ein Aufruf zum Frieden von Israelis und Palästinensern, stellte Pizzaballa klar. Gebetet wird nach der Religionszugehörigkeit nacheinander über nationale und ethnische Grenzen hinweg. Erst Juden, dann Christen und schließlich Muslime.
Kriterium für die Reihenfolge sei die Entstehungszeit der jeweiligen Religion, erläuterte der Vatikansprecher. Das heißt, ein arabischer Christ aus der israelischen Delegation würde mit den Christen aus der palästinensischen Delegation zusammen beten; ein Jude in der päpstlichen Delegation mit seinen Glaubensbrüdern. Und ein Muslim aus der israelischen Delegation mit den palästinensischen Muslimen.

Die genaue Zusammensetzung der jeweils 15 bis 20 Personen umfassenden Delegationen steht freilich noch nicht fest. Der Gruppe des Papstes gehören nach Angaben Lombardis der Rabbiner Abraham Skorka sowie der Muslim Omar Abboud aus Argentinien an, die Franziskus zuletzt auch ins Heilige Land begleitet hatten. Fest steht demnach weiter, dass weder auf israelischer noch auf palästinensischer Seite Regierungsmitglieder dabei sein werden.

In jedem Fall ist es offenbar das erste Mal, dass Christen, Juden und Muslime im Vatikan zusammenkommen, um an einem Ort zu beten. Er erinnere sich nicht an einen früheren derartigen Vorgang, so der Leiter des Presseamtes Lombardi. Bislang hätten die Vertreter der verschiedenen Religionen allenfalls an getrennten Orten im Vatikan gebetet.

Handfeste politische Erfolge hatten frühere Friedensinitiativen der Päpste im Nahen Osten bislang nicht. Johannes Paul II. (1978-2005) konnte die US-Invasion im Irak 2003 ebenso wenig verhindern, wie Franziskus den Bürgerkrieg in Syrien mit seiner Gebetsinitiative im September beenden konnte.

Und so gab sich auch Kustos Pizzaballa am Freitag realistisch, aber nicht resigniert. "Natürlich glaubt niemand, dass nach diesem Treffen der Frieden im Heiligen Land ausbrechen wird", sagte er. Mit der Begegnung solle jedoch eine "starke Geste" gesetzt werden, um jenen weiten Atem in die Politik zu tragen, der bisweilen fehle. Das Gespräch zwischen Israelis und Palästinensern könne nicht nur den Politikern überlassen werden.

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Foto: (c) SIR


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