China: Christen gegen Verschweigen des Tiananmen-Massakers

5. Juni 2014 in Chronik


Beteiligte der Demokratiebewegung fordern Meinungs- und Religionsfreiheit


Peking/Washington/Göttingen (kath.net/idea) Vor genau 25 Jahren, am 4. Juni 1989, ließ die kommunistische Führung die Demokratiebewegung in der Volksrepublik China blutig niederschlagen. Panzer und Soldaten gingen gegen Studenten und andere Dissidenten auf dem Pekinger Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen-Platz) vor. Schätzungen der Todesopfer bewegen sich zwischen 200 und mehreren Tausend. Bis heute verschweigt die Staatsführung das Blutbad. Wenig bekannt ist, dass sich auch Christen unter den Demonstranten befanden.

Einige, die jetzt in den USA leben, rufen die Machthaber in Peking auf, sich den historischen Tatsachen zu stellen und die Verantwortlichen für das Massaker zur Rechenschaft zu ziehen. Bei einer Anhörung des Unterausschusses für Menschenrechte im US-Repräsentantenhaus in Washington sprachen unter anderem die christlichen Exilchinesen Chai Ling, Major Yan Xiong und Bob Fu.

Chinesen wollen Religionsfreiheit

Er ist Gründer und Präsident des christlichen Hilfswerks „China Aid“ (Midland/US-Bundesstaat Texas). 1989 führte er eine Gruppe Studenten an, die auf dem Platz des Himmlischen Friedens demonstrierten. Fu war durch einen amerikanischen Lehrer Christ geworden. Er selbst lehrte dann Englisch an der Zentralen Parteischule in Peking, engagierte sich aber gleichzeitig in der Hauskirchenbewegung. Wie er bei der Anhörung in Washington sagte, spricht das anhaltende Verschweigen des Aufstands und des Massakers durch die chinesische Führung Bände auch im Blick auf die „anhaltende Verfolgung der Religionsausübung und Verletzungen der Rede-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit“. Trotz des Risikos, verhaftet, schikaniert und misshandelt zu werden, stehe das chinesische Volk weiter für diese Grundrechte und einen glaubwürdigen Rechtsstaat ein. Chinesen wünschten sich ein Ende der staatlichen Willkür und Korruption sowie ein demokratisches Regierungssystem. Fu rief auch zum Gebet für das chinesische Volk auf. Nach Angaben von China Aid ist die Verfolgung von Christen in der Volksrepublik vergangenen Jahr weiter gestiegen. 2013 habe das Hilfswerk 143 Fälle von Verfolgung registriert; 7.424 Personen seien davon betroffen gewesen. Das bedeute eine Steigerung von fast 51 Prozent gegenüber 2012.

Demonstranten werden Christen

Die Psychologin Chai Ling (Boston/Bundesstaat Massachusetts) wendet sich mit ihrer Organisation „All Girls Allowed“ (Alle Mädchen erlaubt) gegen die chinesische Ein-Kind-Politik, die zu zahlreichen Abtreibungen führt. Diese Maßnahme wurde jüngst etwas gelockert. Künftig ist es Eltern, von denen nur ein Partner ein Einzelkind ist, erlaubt, zwei Kinder zu haben. Bisher war dies nur gestattet, wenn sowohl der Vater wie auch die Mutter Einzelkinder sind. Die Christin Chai Ling beteiligte sich ebenfalls an den Demonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Der Militärpfarrer Xiong Yan (Fort Rucker/Bundesstaat Alabama) trat 1985 in die Kommunistische Partei Chinas ein. Aufgrund des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens, das er als Jura-Student erlebte, trat er am 4. Juni 1989 aus der Partei aus. Wegen seiner Aktivitäten saß er 19 Monate hinter Gittern. 2002 floh er in die Vereinigten Staaten, wo er in Boston Theologie studierte.

Machthaber wollen „Friedhofsruhe“

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen) hat unterdessen die chinesische Regierung wegen ihrer Haltung zur Niederschlagung der Demokratiebewegung vor 25 Jahren scharf kritisiert. Mehr als 80 Bürgerrechtler seien vor dem 25. Jahrestag festgenommen oder unter Hausarrest gestellt worden, um jedes öffentliche Gedenken an das Blutbad zu verhindern. „Chinas Machthabern ist jedes Mittel recht: Mit Entführungen, Drohungen, Verhören, Hausarresten und willkürlichen Festnahmen wollen sie Friedhofsruhe auf der Platz des Himmlischen Friedens durchsetzen“, so Asienreferent Ulrich Delius.

Die Zahl der Christen wächst

Unter der kommunistischen Herrschaft wurde das Christentum in China vor allem von 1949 bis Ende der siebziger Jahre brutal unterdrückt. Danach lebte es trotz staatlicher Einschränkungen wieder auf. Genaue Angaben über die Gesamtzahl der Christen unter den 1,3 Milliarden Einwohnern existieren nicht. Die Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften spricht von 29 Millionen in staatlich anerkannten Gemeinden – 23 Millionen Protestanten und sechs Millionen Katholiken. Nicht berücksichtigt sind dabei die romtreuen Katholiken und jene protestantischen Hausgemeinden, die sich nicht der Kontrolle des Staates unterwerfen wollen. Schätzungen ausländischer Experten gehen von insgesamt bis zu 130 Millionen Christen aus.

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