Rottenburger Bischof Fürst unterschreibt faktisches 1000plus-Verbot

30. Mai 2014 in Deutschland


Nach Augsburg, Speyer und Freiburg nun auch Babyflaschen-Verbot in Rottenburg- Stuttgart. Kritik an 1000plus-Kampagne „Lebenspotentiale - Weil jeder fehlt, der nicht geboren wird“.


Heidelberg (kath.net/1000plus) Bischof Dr. Gebhard Fürst hat sich entschlossen, den Kirchengemeinden des Bistums Rottenburg-Stuttgart „von einer Unterstützung der Aktion 1000plus abzuraten“. Dies teilte der Ortsbischof von Rottenburg-Stuttgart dem Vorstand von Pro Femina e.V. in einem persönlichen Brief mit. Rottenburg- Stuttgart ist damit das vierte Bistum nach Augsburg, Speyer und Freiburg, in welchem die Babyflaschen-Aktion faktisch verboten ist.

Allerdings ist Bischof Dr. Gebhard Fürst der erste Diözesanbischof, der das faktische 1000plus-Verbot in seinem Bistum persönlich unterschrieben hat. Auch hatten die bisherigen Bistümer Pro Femina e.V. über ihre Entscheidung nicht informiert.

Dennoch gab es auch in Rottenburg-Stuttgart trotz der inständigen Bitte des Vereins vom 26. März 2014 keine Gelegenheit zum persönlichen Gespräch. Bischof Dr. Fürst erklärt, der Verein habe „zu keinem Zeitpunkt den persönlichen Kontakt“ zu ihm gesucht.

„Angesichts des klaren Zeugnisses von Weihbischof Thomas Maria Renz, der als Mitglied der Rottenburg-Stuttgarter Bistumsleitung unsere Beratung und Hilfe sehr gut kennt und schätzt, hat uns die Entscheidung von Bischof Dr. Fürst in besonderer Weise überrascht“, teilte der Vorstand von Pro Femina in einer detaillierten Stellungnahme mit.

Bischof Dr. Fürst teilt in seinem Brief auch die Beweggründe für seine Entscheidung mit. Unter anderem verweist er, wie auch in bisherigen Verbotsschreiben geschehen, auf die bistumseigenen Beratungsangebote.

Neu ist jedoch seine Kritik an der erfolgreichen 1000plus-Kampagne „Lebenspotentiale - Weil jeder fehlt, der nicht geboren wird“. Der Bischof von Rottenburg- Stuttgart wirft die Frage auf, ob die Leben von Kindern, die krank oder mit Behinderung geboren würden, „weniger schützenswert“ seien als „hochbegabte, perfekte Kinder“. Die Verantwortlichen von Pro Femina e.V. stellen deshalb klar, „dass wir jedes Kind als lebens- und liebenswert erachten und dass wir jeder verzweifelten Schwangeren ohne Ansehen von Herkunft, Konfession oder der Art ihrer Beziehung wertschätzend begegnen und sie mit der Perspektive für ein Leben mit ihrem Kind beraten.“

Weiter stellt Bischof Dr. Fürst ausdrücklich fest, unangemeldete Spendenaktionen seien ohne vorherige Prüfung und Zustimmung der Bistumsleitung nicht gestattet. Pro Femina zufolge hat jedoch keiner der Pfarrer auf die Notwendigkeit einer solchen bischöflichen Erlaubnis hingewiesen. Dieses Argument sei überraschend, da sich gerade katholische Gemeinden in beispielhafter Weise sehr umfangreich und großzügig an vielfältigen, privaten Projekten und Initiativen in der ganzen Welt mit Aktionen und Sammlungen beteiligen würden.

Für Pro Femina e.V. bedeutet das faktische Verbot in Rottenburg-Stuttgart eine weitere folgenschwere Entscheidung. Die Schwangerschaftskonflikt-Beratungsstelle ohne Beratungsschein ist ganz auf Spenden angewiesen, zu welchen die überkonfessionell durchgeführten Babyflaschen-Aktionen wesentlich beitragen. „Die Leidtragenden dieses faktischen Verbots“, so der Vorstand von Pro Femina, „sind einmal mehr die vielen Frauen im Schwangerschaftskonflikt, die wir durch den nun folgenden Spendeneinbruch nicht beraten und in einer Entscheidung für ihr Kind unterstützen können.“

Wie auch zu den bisher ergangenen faktischen 1000plus-Verboten in den Bistümern Augsburg und Speyer sowie dem Erzbistum Freiburg hat Pro Femina e.V. im Rahmen einer umfassenden Informationskampagne eine ausführliche Stellungnahme erstellt. Damit will der Verein seinen Unterstützern und der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, sich ein eigenes Bild über die aktuellen Vorgänge zu machen.


kath.net-Hintergrund:
Ein internes Schreiben des Caritasverbandes hatte Mitte Mai aufgedeckt, dass der Caritasverband ein ausgesprochen starkes Interesse daran zeigt, dass 1000plus keine Spendengelder zukommen, kath.net hat berichtet. Hier ist der eigentliche Grund für die Schwierigkeiten zu suchen, die 1000plus derzeit so zusetzen. Dazu mag kommen, dass das Zeugnis für das Leben in deutschen Bistümern keineswegs überall so deutlich ist, wie das bei katholischen Einrichtungen eigentlich zu erwarten wäre. Erst vor einer Woche mahnte die Deutsche Bischofkonferenz beim Caritasverband an, dass das katholische Profil der kirchlichen sozial-caritativen Einrichtungen gesichert werden müsse, etwa im Hinblick auf die Einstellung von Anders- oder Nichtgläubigen. Verschiedentliche Äußerungen des Caritasverbandes zeigen hier verbandsinterne gegenläufige Interessen. So forderte der Caritasverband jüngst öffentlich, dass die katholische Kirche auf die Kündigung verzichten möge, wenn Mitarbeiter nach Scheidung wieder heiraten oder wenn sie in einer homosexuellen Beziehung leben, kath.net hat berichtet. Erst nach öffentlicher Diskussion hat die Caritas das umstrittenene Pro-Gender-Buch „Gender Mainstreaming im Kindergarten“ von Tanja Dräger von ihrer Homepage entfernt. Die Rottenburger Ordinariatsrätin Irme Stetter-Karp leitet die Hauptabteilung VI Caritas, sie ist gleichzeitig Vizepräsidentin des Deutschen Caritasverbands und die „Gender-Beauftragte“ des Caritasverbandes. Wieweit sie Einfluss auf die Entscheidung des Rottenburger Bischofs Fürst hatte, ist bisher nicht bekannt.

Eine ausdrückliche Erlaubnis für die Tätigkeit von 1000plus in ihrem Bistum haben inzwischen die Bistümer Eichstätt und Regensburg geäußert. Auch die Deutsche Bischofskonferenz hatte bereits einige Wochen zuvor geäußert, dass man 1000plus „insgesamt positiv eingeschätzt und mit Sympathie begleitet“.

Auch der Rottenburger Weihbischof Thomas Maria Renz, der 1000plus nach eigenen Angaben seit Jahren kennt und begleitet, hatte sich in einem Artikel in der Tagespost ausdrücklich für 1000plus ausgesprochen. Im Rottenburger Dom wies er dann zusätzlich am Ostersonntag in seiner Predigt im Rahmen eines Pontifikalamtes darauf hin: „Wenn trotz dieses großartigen Einsatzes kirchlicher Sozialeinrichtungen und diözesaner Initiativen noch immer Tag für Tag mindestens 288 Kinder im Mutterleib sterben müssen, dann wird deutlich, dass ‚viel‘ noch nicht ‚genug‘ ist. Im Gegenteil: es kann gar nicht genug getan werden, um schwangeren Frauen in ihren existenziellen Nöten beizustehen und ihnen Mut zum Leben zu machen“, kath.net hat berichtet.

Link zur ausführlichen Stellungnahme von 1000plus zum Verbot im Bistum Rottenburg-Stuttgart

1000plus-Video: Warum gibt es die 1000plus-Kampagnen?


Stimmen zum 1000plusTAG 2012



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