Kardinal Marx prangert Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien an

29. Mai 2014 in Deutschland


DBK-Vorsitzender: Kein katholischer Politiker könne sagen, Lebensschutz oder der Kampf gegen Arbeitslosigkeit seien ihm egal.


Regensburg (kath.net/KNA) Die katholische Kirche in Deutschland sollte nach den Worten von Kardinal Reinhard Marx in politischen Debatten stärker mit einer Stimme sprechen. Es gebe unterschiedliche Wege zum Ziel, aber «bestimmte Grundoptionen» blieben gleich, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Mittwoch auf der Vollversammlung des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK) in Regensburg. So könne kein katholischer Politiker sagen, Lebensschutz oder der Kampf gegen Arbeitslosigkeit seien ihm egal.

Marx, der zum ersten Mal als Bischofskonferenz-Vorsitzender vor dem höchsten Gremium der katholischen Laien in Deutschland auftrat, nannte drei Themen, bei denen Christen besonders gefragt seien: neue Formen des globalen Wirtschaftens, der Schutz von Ehe und Familie sowie die Zukunft Europas. «Wir müssen über den Kapitalismus hinausdenken», forderte der Münchner Kardinal. Bezogen auf Rechtsprechung und Politik in Deutschland und Europa prangerte er eine «strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber Familien» an. Diese Frage werde in den kommenden Jahren ein großes Thema bleiben.

Mit Blick auf Europa und das Erstarken populistischer Strömungen in den EU-Mitgliedstaaten sagte Marx, der auch Vorsitzender der europäischen Bischofskommission COMECE ist: «Ich habe da Angst, dass wir dieses Projekt zerfleddern.» Gesprächsbedarf sieht der Erzbischof derzeit vor allem bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Dies wolle er nutzen, um verstärkt die nationalen Bischofskonferenzen der EU und den USA miteinander in Verbindung bringen.

Zugleich bremste Marx zu hohe Erwartungen an kirchliche Reformen. Papst Franziskus habe zweifellos für eine neue Gesprächsatmosphäre gesorgt und rege die Fantasie an. Diese schieße manchmal allerdings über das Ziel hinaus. In der modernen Welt bewege sich die Kirche in einem Spannungsfeld der «Ungleichzeitigkeit der Kulturen». Was in westlichen Staaten selbstverständlich sei, nähmen andere Länder anders wahr. Dies werde auch die im Herbst anstehende Bischofssynode zu Ehe und Familie zeigen. Im Vordergrund müsse dabei stehen, «zu einem einmütigen Zeugnis zu kommen».

Trotz dieser Herausforderungen dürften sich Christen nicht aus der Welt zurückziehen oder gar die moderne Gesellschaft als Gegner begreifen. Patentrezepte gebe es keine. Es gelte stattdessen, die Spannungen auszuhalten und die Welt als Gestaltungsaufgabe zu begreifen. Auch innerkirchlich ermunterte Marx zu einem offenen Gespräch über die Zukunft der Kirche ohne Angst vor Hierarchien: «Niemand ist der verlängerte Arm von irgendjemand.»

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