Als Schirmständer neben dem Firmspender

2. Juni 2014 in Schweiz


„Ich habe mich entschieden bei der diesjährigen Firmung nicht dabei zu sein. Dies sind meine Gründe…“ - Ein Gastbeitrag von Pfr. Andreas Gschwind


Basel (kath.net) Pfr. Andreas Gschwind (Bistum Basel) informierte seine Pfarrei via das Pfarrblatt des Dekanates Olten über seine Schwierigkeiten mit dem aktuellen Firmsystem:

Liebe Pfarreiangehörige
Ich habe mich entschieden bei der Firmung nicht dabei zu sein. Dies sind meine Gründe: Ich kenne die diesjährigen Firmlinge überhaupt nicht. N. N. hat die Firmlinge sicher gut vorbereitet.

Leider waren aber die ausserschulischen Zusammenkünfte so platziert, dass ich kaum an Treffen teilnehmen konnte.

Für Beichtgespräche ist auch keine Zeit eingeplant worden.

Mit wenigen Ausnahmen haben die Firmlinge an keinem Gottesdienst während des Jahres teilgenommen. Man sagt ihnen immer wieder, dass alles freiwillig sei.

So komme ich mir bei der Firmung vor wie ein Schirmständer neben dem Firmspender oder wie ein Ölgötze, der stumm und dumm rumsteht und das Gefäss mit dem Öl für die Salbung bereithält. Als Priester möchte ich Mittler der Frohen Botschaft sein und nicht lediglich ein Zwischenhändler.

Von N.N. habe ich erfahren, dass dieses Jahr v.a. einige Kappeler sehr uninteressiert und unmotiviert sind. Für mich ist schon lange klar, dass man die Firmung nicht mit 15 oder 16 Jahren, auch nicht mit 18 Jahren spenden sollte. Ich wäre für eine Firmung ab 20 im ganzen Bistum, wo die jungen Erwachsenen sich in ihrem Pastoralraum für den Firmkurs anmelden.

Wir kommen mit etwas, das unsere Jugendlichen in diesem Alter gar nicht interessiert. Der deutsche evangelische Theologe und Märtyrer Dietrich Bonhoeffer hat gesagt, dass wir das Evangelium erst überreichen dürfen, wenn danach gefragt wird. Aber so handeln wir ja heute gar nicht. Wir überreichen ständig, ob wir danach gefragt werden oder nicht. Und ich glaube, wenn wir ständig etwas weggeben, indem wir es immer Menschen verteilen, obwohl sie gar nicht minimal danach fragen, machen wir etwas kaputt. Wir machen sogar das Evangelium kaputt.

Mit Firmungen dieser Art kann ich mich nicht mehr identifizieren und ich bitte um Verständnis, dass ich dieses Jahr nicht dabei sein werde. Übrigens, ich wäre auch nicht dabei, wenn der Bischof kommen würde.

Noch etwas: Kürzlich war ich in einer Familie eingeladen. Nach dem Essen haben wir alle eine Lektion des Youcat Firmkurses durchgearbeitet, Es war auch spannend für die Eltern. Das hat mir Freude bereitet.

Der Autor ist bis Sommer Pfarrer der Pfarreien Kappel-Boningen und Gunzgen im Bistum Basel.


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