Feministische Theologin über Papst: 'Kein Grund zum Jubeln'

21. Mai 2014 in Weltkirche


Elisabeth Schüssler Fiorenza im "Kathpress"-Gespräch: Papst will "Theologie der Frau", die auf überholtes Frauenbild verweist - Feministische Theologie nach wie vor gefragt, aber problematische Abspaltung von gesellschaftlicher Frauenbewegung


Wien (kath.net/KAP) Vor einer überzogenen Papst-Begeisterung im Blick auf die Reformvorhaben von Papst Franziskus hat die katholische Theologin Elisabeth Schüssler Fiorenza gewarnt. Gerade im Blick auf die Frage der Frauen in der Kirche sehe sie keine wirklichen Aufbruchssignale, so die deutschstämmige Theologin und an der Harvard-Universität lehrende Zentralfigur der theologischen feministischen Bewegung in den USA.

"Franziskus will eine essentialistisch ansetzende 'Theologie der Frau', die sich am Bild der Frau als Mutter oder dienende Jungfrau orientiert und die die feministische Theologie schon lange zerpflückt hat", so Schüssler Fiorenza gegenüber "Kathpress". Dass der Papst Frauen verstärkt in Kommissionen einsetzen und fördern wolle, sei löblich, mit einer zeitgemäßen feministischen Theologie habe das aber nichts zu tun. "Grund zum Jubeln sehe ich nicht."

Wenn Papst Franziskus etwa von der "Kirche für die Armen" spricht, so müsse man kritisch zurückfragen, ob dies auch arme Frauen umfasse. Schließlich sei die Mehrzahl der Armen weltweit Frauen und von Frauen abhängige Kinder. "Von daher kann es keine Rede von einer Kirche der Armen geben, ohne gleichzeitig die Frage etwa der Geburtenkontrolle oder des Schwangerschaftsabbruchs zu thematisieren", so die Theologin.

Ernüchternde feministische Bilanz

"Nicht verwunderlich" ist für sie der Applaus für den Papst von Seiten der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, schließlich sei diese "so männlich bestimmt wie die vatikanische Theologie". Bei ihrer Kritik gehe es nicht um Kategorien wie liberal oder konservativ, so Schüssler Fiorenza, sondern darum, "gesellschaftliche Strukturen zu analysieren und zu verändern und das zu kritisieren, was Veränderung hemmt".

Ernüchternd fällt die Bilanz Schüssler Fiorenzas im Blick auf die Fortschritte bei der Gleichberechtigung in den vergangenen Jahrzehnten aus: Die Fragestellungen und Probleme seien nach wie vor die gleichen - immer noch würden etwa Frauen in den USA nur rund 70 Prozent dessen verdienen, was Männer in vergleichbaren Positionen verdienen.

Ebenfalls nicht bewegt habe sich die Kirche in der Frauenfrage: "Religion dient damals wie heute dazu, entweder Unterdrückung und Ausbeutung zu legitimieren oder aber Menschen zu emanzipieren und zur Selbstbestimmung zu ermutigen."

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