Indien: Menschenrechtler befürchten nach Wahlen 'Staatsreligion'

18. Mai 2014 in Weltkirche


Jesuit Prakash: Mit Sieg der BJP-Partei "schlimmste Befürchtungen Realität geworden" - Priester: Wahlergebnis ist Gefahr für Rechte und Würde aller Inder


New Delhi (kath.net/KAP) Menschenrechtler zeigen sich entsetzt über den Sieg der hindu-nationalistischen Bharatiya Janata Partei (BJP) bei der Parlamentswahl in Indien. "Unsere schlimmsten Befürchtungen sind jetzt Realität geworden", postete der Jesuit Cedric Prakash am Freitag auf Facebook. Der Direktor des Zentrums für Menschenrechte, Gerechtigkeit und Frieden in Gujarat rief seine Landsleute auf, alles zu tun, "um den Pluralismus unseres Landes zu bewahren und ganz besonders die Rechte der Armen, der Ausgegrenzten, der Minderheiten und der verletzlichen Gruppen in unserem Land zu verteidigen".

Die BJP, die in Indien bislang nur von 1998 bis 2004 regierte, ist eng mit der extremistischen hindu-nationalistischen Hindutva-Ideologie verbunden. Ersten Hochrechnungen zufolge wird sie über mehr als die für eine absolute Mehrheit notwendigen 272 Mandate im 543 Sitze zählenden Parlament verfügen. Die bislang regierende Kongresspartei des Gandhi-Clans gestand ihre verheerende Niederlage ein und wird voraussichtlich nur noch mit 46 Abgeordneten im Parlament vertreten sein. Die Regierungszeit des scheidenden Premierministers Manmohan Singh war von schwachem Wirtschaftswachstum und Korruptionsskandalen geprägt.

Menschenrechtler Prakash bezeichnete die Hindutva-Ideologie im Vorfeld der Wahl als "im Kern faschistisch und fundamentalistisch". An vielen Gewaltaktionen gegen religiöse Minderheiten in den vergangenen Jahrzehnten seien extremistische Hindus beteiligt gewesen.

Die "Menschenrechte und Menschenwürde nicht nur der Muslime und Christen, sondern aller" stehe nun auf dem Spiel, erklärte der indische katholische Priester und Menschenrechtsaktivist Ajaya Kumar Sing aus Odisha Sah am Freitag gegenüber dem deutschen Hilfswerk "missio" in Aachen. Er glaube, dass die hindu-nationalistische Ideologie "allmählich als Staatsreligion Fuß fassen kann, während die Minderheiten, die mit ihrer Religion und ihrem Glauben die gleichen Rechte wie alle Inder genießen, in den Privatbereich zurückgedrängt werden", so Sing. Narendra Modi, Spitzenkandidat der BJP und designierter Premierminister, erklärte via Twitter: "Indien hat gewonnen. Jetzt kommen gute Tage". Er selbst wurde 2002 als Ministerpräsident von Gujarat politisch für ein Massaker an indischen Muslimen verantwortlich gemacht, als mehr als 1.000 Muslime von Hindu-Extremisten getötet wurden. Wegen seiner Rolle bei den Vorgängen hatten die USA und europäische Politiker Modi viele Jahre gemieden.

Modi wird nachgesagt, er sei eine von seinen Eltern arrangierte Ehe nie eingegangen, da er sich gegenüber seiner Partei zu lebenslanger Keuschheit verpflichtet habe. Mobilisiert habe der 63-jährige die Massen durch seine Lebensgeschichte, analysierte das Münchner "Domradio": Dass Modi aus bescheidenen Verhältnissen stamme und sich durch Ehrgeiz und Intelligenz an die Spitze seiner Partei hochgearbeitet habe, beflügle die Fantasie in einem Land, wo ein Drittel der Bevölkerung in bitterer Armut lebt.

"Ich weiß, wie es sich anfühlt, arm zu sein", so einer der Aussprüche des künftigen Premierministers im Wahlkampf, bei dem er auf 500 Veranstaltungen landesweit persönlich und auf 800 weiteren per Videozuschaltung auftrat. Auch viele Gegner habe Modi mit seinen Visionen indischer Hochgeschwindigkeitszüge, gigantischer Wasserkraftwerke und riesigen Industriezonen überzeugt.

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